Montag, 4. Januar 2010

Linke, Detlef B., Das Gehirn- Schlüssel zur Unendlichkeit, Herder Verlag: Freiburg-Basel 2004, Festband, SU, 192 S.,
ISBN 3-451-28265-8, 19,90 €.


Es gibt Menschen, die versuchen, einen Zusammenhang zwischen Religion und Hirnfunktionen zu beweisen. Zu diesen Neurowissenschaftlern zählt Detlef B. Linke. Die Neurotheologie blüht allerdings nicht erst seit den Veröffentlichungen der Versuchsreihen mit tibetischen Mönchen und Franziskanernonnen, welche der amerikanische Neuroradiologe Andrew Newberg anstellte. Dabei stecken derartige Forschungen noch in den Kinderschuhen und es steht zu erwarten, dass sich in nächster Zeit Bücher mit ähnlichen Fragestellungen häufen werden.
Auf der Basis bildgebender Verfahren des Gehirns beschäftigt sich also auch Linke mit den Fragen nach einem Zusammenhang zwischen Religion und Hirnfunktion. Dabei macht er sich selbst als religiöser Mensch kenntlich und scheut sich nicht, von der Seele des Menschen zu sprechen. Beten als Weg zur Unendlichkeit. Linke untersuchte Nahtodes-Erlebnisse und stellt die Möglichkeit des Menschen dar, durch das komparativ immer als das Größere gedachte über sich hinaus zu wachsen. Problematisch ist dabei die Verortung derartigen Erlebens in spezielle Hirnbereiche. Was sagen die gemessenen Werte denn nun eigentlich aus? Dass dabei monokausal biologistische oder materialistische Konzepte zu kurz greifen, wird schnell deutlich. Der Autor kann somit als Gegner der These gesehen werden, dass religiöses Erleben zu den biologisch vorkonfigurierten Anlagen des Menschen zu rechnen ist. Vielmehr kann das Buch als ein Werk gesehen werden, eine Theologie zu entwickeln, die sich die Ergebnisse der Neurologie zu eigen macht und dabei doch über sie hinaus gehende Erklärungsmuster sucht. Berücksichtigt müssen fernerhin individuelle Entscheidungen und kulturelle Prägungen bei einem Erklärungsversuch, was denn Religion sei. Und über allem schwebt die Unendlichkeit, als schöpferisches Potential der conditio humana. Linkes Betrachtungsweise ist also religiös, philosophisch und neurologisch.
Dabei schafft es Linke nicht, das Thema verständlich zu greifen. Die Darstellung der Problemfelder und -fragen fällt dergestalt aus, dass an sich interessante Inhalte vom Autor lose assoziativ verbunden zur Sprache kommen. Der Eindruck, Linke verzettelt sich in seinen eigenen Gedankengebäuden, verstärkt sich mit fortschreitender Lektüre. Ein Zusammenhang findet sich hier wohl nur im Geiste des Autors. Die auf humanistischer Bildung fußende intellektuelle Selbstverliebtheit des Autors führt zu unverständlichen Satzkonstruktionen, die den Lesefluss unnötig verkomplizieren und dem Inhalt abträglich ist. Zudem sind die Verschleierungsmöglichkeiten von wissenschaftlicher Fachsprache fast ausgereizt. Man weiß nach der Lektüre nicht wirklich, was das grundlegende Anliegen des Autors sein könnte. Es bleibt lediglich ein Ahnung nach dem Weglegen des Buches, dass die inhaltlichen Fragestellungen interessant sind, der Versuch diese zu beantworten jedoch weitestgehend unverständlich bleibt. Das ist schade. Dabei sollte es zu den Fähigkeiten von Spezialisten gehören, komplexe Erörterungen für Laien verständlich darstellen zu können.