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Montag, 11. Januar 2010

Faivre, Antoine, Esoterik im Überblick. Geheime Geschichte..., Herder Verlag: Freiburg i.Br. 2001, TB, 159 S., ISBN 3-451-04961-9; 8,90 €.


Da gibt es also wieder einmal eine Geschichte der abendländischen Esoterik.
In diesem Falle, und dieses Buch ist schon einige Zeit auf dem Markt, von akademischer Seite. Der an der Pariser Sorbonne lehrende Wissenschaftler Antoine Faivre ist einer von zwei Lehrstuhlinhabern im akademischen Europa für das Gebiet der Esoterik. 1965 wurde an der Ecole pratique des Hautes Etudes, Section des Sciences religieuses der Lehrstuhl „Geschichte der christlichen Esoterik“ geschaffen, der 1979 als Lehrstuhl für „Geschichte der esoterischen und mystischen Strömungen im Europa der Neuzeit und der Gegenwart“ umdefiniert wurde. Weitere derartige universitäre Unterfangen existieren seit 1999 mit einem Lehrstuhl an der Staatlichen Universität in Amsterdam und in der neuen Welt seit 1997 mit dem Arbeitseminar an der American Academy of Religion; der programmatische Titel „Western Esotericism since the Early Modern Period“.
An erster Stelle steht in diesem kleinen Bändchen die Legitimierung der eigenen Forschungseinrichtung. Da werden die „unberufenen“ Kollegen kritisiert, dass es eine Freude ist. In wessen Auftrag haben sich Theologen, Historiker, Sozialwissenschaftler jedweder Couleur zur Esoterik zu äußern? Dass es auch im universitären Bereich um ein tieferes Verständnis des komplexen Gebietes der okkulten Wissenschaften gehen könnte, ist Faivre eines der Hauptanliegen in diesem Buch. So ist denn der erste Teil des Werkes mit dem Versuch befasst, Esoterik als Denkform, der bestimmte Komponenten zugeschrieben werden können, zu umreißen. Dabei werden diese Bestandteile nicht in einem absoluten Sinne verhandelt; einzelne können verschiedenen Denkformen angehören, von denen die wissenschaftliche, die mystische und die theologische expressis verbis aufgeführt sind.
Mit diesen Vorüberlegungen hofft der Autor, eine Betrachtung der esoterischen Strömungen im Abendland handwerklich zu bewältigen.
Was dann anfolgt, ist die phänomenologische Betrachtung der schriftlichen und gelegentlich auch künstlerischen Äußerungen, auf die sich die vorher definierten Kriterien anwenden lassen. Eine intellektuelle Zeitreise.
Und los geht die Fahrt. Von der alexandrinischen Hermetik, Neupythagorismus, Stoizismus und dem Neuplatonismus ins mittelalterliche Denken, hin zur jüdischen und dann christlichen Kabbala, führt die Reise weiter über Naturphilosophie, Theosophie, Alchemie, Freimaurerei, Spiritismus und Okkultismus. Am Ende steht die Betrachtung gegenwärtiger Äußerungen okkulter Einsichten, daraus entwickelter Lebensentwürfe und deren Umsetzung in verschiedenen Gemeinschaften.
Alles Material, dem in irgend einer Art und Weise die vorher festgelegten sechs primären Eigenschaften (Entsprechungen, Natur, Imagination/ Meditation und Transmutationserfahrung) und die zwei sekundären Eigenschaften (Konkordanzbildung, Transmission) zugeschrieben werden kann, wird phänomenologisch in Zusammenhang gesetzt. Damit handelt es sich also bei diesem Buch in erster Linie um eine gelehrte Motivsuche, die in eine dichte Aufzählung von Werkstiteln und Personennamen ausartet.
Der Wert dieses Buches mag nach den hervorragenden Arbeiten eines Karl R. H. Frick nicht sogleich einleuchten. Es dokumentiert hervorragend einen neueren Versuch der Gemeinde im Elfenbeinturm, sich dem Thema vorurteilsfrei und suffizient zu nähern. Das ist selten, wie der Autor selbst bedauert. Der theoretische Ansatz hingegen wird außerhalb der professionellen Athletik des Denkens kaum eine Rolle spielen; wer aber auf der Jagd nach Namen und Schriften ist, wird in dem trotz seiner geringen Seitenzahl fast enzyklopädisch zu nennenden Werk sicher fündig werden.

Montag, 4. Januar 2010

Linke, Detlef B., Das Gehirn- Schlüssel zur Unendlichkeit, Herder Verlag: Freiburg-Basel 2004, Festband, SU, 192 S.,
ISBN 3-451-28265-8, 19,90 €.


Es gibt Menschen, die versuchen, einen Zusammenhang zwischen Religion und Hirnfunktionen zu beweisen. Zu diesen Neurowissenschaftlern zählt Detlef B. Linke. Die Neurotheologie blüht allerdings nicht erst seit den Veröffentlichungen der Versuchsreihen mit tibetischen Mönchen und Franziskanernonnen, welche der amerikanische Neuroradiologe Andrew Newberg anstellte. Dabei stecken derartige Forschungen noch in den Kinderschuhen und es steht zu erwarten, dass sich in nächster Zeit Bücher mit ähnlichen Fragestellungen häufen werden.
Auf der Basis bildgebender Verfahren des Gehirns beschäftigt sich also auch Linke mit den Fragen nach einem Zusammenhang zwischen Religion und Hirnfunktion. Dabei macht er sich selbst als religiöser Mensch kenntlich und scheut sich nicht, von der Seele des Menschen zu sprechen. Beten als Weg zur Unendlichkeit. Linke untersuchte Nahtodes-Erlebnisse und stellt die Möglichkeit des Menschen dar, durch das komparativ immer als das Größere gedachte über sich hinaus zu wachsen. Problematisch ist dabei die Verortung derartigen Erlebens in spezielle Hirnbereiche. Was sagen die gemessenen Werte denn nun eigentlich aus? Dass dabei monokausal biologistische oder materialistische Konzepte zu kurz greifen, wird schnell deutlich. Der Autor kann somit als Gegner der These gesehen werden, dass religiöses Erleben zu den biologisch vorkonfigurierten Anlagen des Menschen zu rechnen ist. Vielmehr kann das Buch als ein Werk gesehen werden, eine Theologie zu entwickeln, die sich die Ergebnisse der Neurologie zu eigen macht und dabei doch über sie hinaus gehende Erklärungsmuster sucht. Berücksichtigt müssen fernerhin individuelle Entscheidungen und kulturelle Prägungen bei einem Erklärungsversuch, was denn Religion sei. Und über allem schwebt die Unendlichkeit, als schöpferisches Potential der conditio humana. Linkes Betrachtungsweise ist also religiös, philosophisch und neurologisch.
Dabei schafft es Linke nicht, das Thema verständlich zu greifen. Die Darstellung der Problemfelder und -fragen fällt dergestalt aus, dass an sich interessante Inhalte vom Autor lose assoziativ verbunden zur Sprache kommen. Der Eindruck, Linke verzettelt sich in seinen eigenen Gedankengebäuden, verstärkt sich mit fortschreitender Lektüre. Ein Zusammenhang findet sich hier wohl nur im Geiste des Autors. Die auf humanistischer Bildung fußende intellektuelle Selbstverliebtheit des Autors führt zu unverständlichen Satzkonstruktionen, die den Lesefluss unnötig verkomplizieren und dem Inhalt abträglich ist. Zudem sind die Verschleierungsmöglichkeiten von wissenschaftlicher Fachsprache fast ausgereizt. Man weiß nach der Lektüre nicht wirklich, was das grundlegende Anliegen des Autors sein könnte. Es bleibt lediglich ein Ahnung nach dem Weglegen des Buches, dass die inhaltlichen Fragestellungen interessant sind, der Versuch diese zu beantworten jedoch weitestgehend unverständlich bleibt. Das ist schade. Dabei sollte es zu den Fähigkeiten von Spezialisten gehören, komplexe Erörterungen für Laien verständlich darstellen zu können.