Montag, 11. Januar 2010

Frater Oriphiel, Magische Einweihungspfade, Bohmeier Verlag: Leipzig 2005, 132 S., PB,
ISBN 3-89094-435-3, 14,90 €.


"Magische Einweihungspfade" von Frater Oriphiel verdeutlicht hervorragend, dass die Themen traditioneller Magie in ihrer klassischen Bearbeitung erfolgsversprechender Gegenstand okkulter Forschung sein können. Selbst ein langjährig Praktizierender, aktiv in verschiedenen Orden und zudem besonders im Nahen Osten weitgereist, führt der Autor hier in die magischen Angänge hermetischer und kabbalistischer Tradition ein, die in einfacher und klarer Struktur aufbereitet sind. Das erspart eine Menge Zeit, die andernfalls im Studium der fast unüberschaubaren Literatur zu diesen Themen gebunden wäre. Zudem leidet das Werk von Frater Oriphiel nicht an der weit verbreiteten theoretischen Überladung, die häufig einen direkten praktischen Zugang verwehrt.
Einführend findet sich eine sehr persönliche Deutung des Gesetzes des Neuen Äons, bevor die Gliederung der Kabbala behandelt wird. Zu jeder einzelnen Sephira finden sich die wichtigsten Entsprechungen, für den schnellen Zugriff übersichtlich geordnet. Die Pfade werden dabei genauso berücksichtigt. Es gibt ein Kapitel über die wichtigsten Grimoires und nach dieser dichten, vornehmlich theoretischen Grundlage, die sich trotz der vermittelten Komplexität auf die wesentliche Struktur beschränkt und dabei nie unverständlich wird, folgen die Kapitel, die sich der Praxis zuwenden.
Über Grundlagen, wie Asanas, Atemübungen, verschiedene Bannungen oder Zentrierungen, aurastärkenden Ritualen geht es im ersten Teil der magischen Praxis über Visualisation, Konzentration und die Vorstellung von Meditationstechniken hin zu den Pfadarbeiten. Dabei greift der Autor, und das zieht sich durch das gesamte Werk, auf seine eigenen Erfahrungen zurück, die beispielhaft immer wieder angeführt werden.
Verschiedene Sephiroth werden bereist und geben durch die gewählte Form der Darstellung die Möglichkeit, sofort eigene Erfahrungen zu machen.
Ein bemerkenswerte Besonderheit stellt sicher die Beschäftigung des Autors mit dem dunklen Licht dar, ein Thema, über das es andernorts wenig praktische Ausführungen gibt.
Im zweiten Teil zur magischen Praxis wendet sich Frater Oriphiel weiter führenden Techniken und Gegenständen abendländischer Zauberei zu. Neben Anrufung und Beschwörung der einzelnen Elemente, die durch Einblicke in die Tattwa-Lehre vervollständigt werden, nimmt die Kultmagie der Planetenlogoi großen Platz in diesem Werk ein. Ob olympisch oder nach den Werken von Agrippa; die Anführung der Siegel und Korrespondenzen grenzt ans enzyklopädische. Die Arbeit mit magischen Glyphen bis hin zur Erstellung eigener Siegel ist ebenfalls Gegenstand des Buches.
Abschließend dann unternimmt Frater Oriphiel noch einen Ausflug in das Henochische System der Magie.
Bei der Fülle der angesprochenen Themen ist eine letztgültige Erschöpfung natürlich nicht vorgesehen, wenn eine solche überhaupt formuliert werden kann.
Der schmale Band bietet aber alles, was man für einen Einstieg in die magische Tradition unserer Breiten benötigt. Zudem eignet es sich als Nachschlagewerk durch die reiche verdeutlichende graphische Untermalung des Textes und die Vielzahl der angeführten Entsprechungen. Anregung finden dabei sicherlich auch Fortgeschrittene. Liest und behandelt man zudem dieses Werk von Frater Oriphiel als Stufenplan magischer Entwicklung, so hat man einen ausgearbeiteten praktischen Weg vor sich, den man so, wie niedergeschrieben, in jedem einzelnen Schritt nachvollziehen kann. Genau so sollte eine derartige Ausarbeitung beschaffen sein.
Bleibt noch zu hoffen, dass dieses kleine feine Buch eine Fortsetzung erfährt. Bei der Fülle des Wissens, das hier ausgebreitet wird, ist dies nicht nur wahrscheinlich, sondern auch wünschenswert.