Sonntag, 3. Januar 2010

Frenschkowski, Marco, Heilige Schriften der Weltreligionen..., Marix Verlag: Wiesbaden 2007, Festband, SU, 256 S., ISBN 978-3-86539-915-1, 5,00 €.


Das hier vorgestellte Buch, Heilige Schriften der Weltreligionen und religiösen Bewegungen von Marco Frenschkowski, entstammt einer beachtenswerten Reihe, die in diesem Zusammenhang gleich mit eingeführt werden soll.
In einer Zusammenarbeit geben die Frankfurter Rundschau und der Marix Verlag die Reihe marixwissen heraus. Der erste Band erschien 2006 und in der Zwischenzeit (Stand: Dezember 2007) sind bereits 32 Bände lieferbar. In diesem Projekt sollen bis zum Februar 2008 40 Bände in fünf Staffeln erschienen sein, wobei jeweils acht Bände zur selben Zeit herauskommen. Diese Wissensreihe soll, so ist in der Selbstdarstellung zu lesen, einen Kanon des Wissens unserer Zeit darstellen. Fachlich kompetent sollen Laien von Experten über weltweit bekannte Persönlichkeiten, Ereignisse und Strömungen auf den Gebieten von Kultur, Politik, Wissenschaft, Kunst und Religion informiert werden.
Für dieses sehr anspruchsvolle Projekt konnten nun Privatdozenten, Professoren und erfahrene Sachbuchautoren gewonnen werden, so dass es sich bei jedem einzelnen der verfügbaren Bände um Original- und Neuausgaben handelt und nicht um Nachdrucke älterer Werke, mit denen sich der Marix Verlag bereits häufig verdient gemacht hat.
Die thematische Vielseitigkeit dieser Reihe kann die Paraphrasierung einiger Titel illustrieren: Es gibt einen Band, der den großen Reden der Weltgeschichte gewidmet ist, ein weiterer porträtiert die wichtigsten Psychologen wohingegen ein anderer die Geheimbünde thematisiert. Daneben gibt es Monographien zu den Kreuzzügen, dem Judentum, dem amerikanischen Bürgerkrieg und den wichtigsten Naturwissenschaftlern der Welt. Allein dieser sehr unvollständige Anriss unterstreicht, dass die Mitarbeiter an diesem Projekt wohl gewillt sind, dieses ehrgeizige Vorhaben in die Tat umzusetzen.
Das Ergebnis dieses Unterfangens kann natürlich hier nicht insgesamt beurteilt werden, da das die Kenntnis jedes einzelnen Bandes voraussetzen würde. Soweit sich die konzeptionelle und inhaltliche Umsetzung allerdings in dem vorliegenden Titel darstellt, soviel vorweg, kann sie nur als durchweg gelungen angesehen werden.
Der bereits erwähnte und für diese Rezension gelesene Band stammt von Mario Frenschkowski und ist den Heiligen Texten der Weltreligionen und religiösen Bewegungen gewidmet. Der Autor ist evangelischer Theologe und Religionswissenschaftler mit Lehrveranstaltungen zu hauptsächlich christlichen Themen. So war er in den letzten Jahren als Privatdozent mit Lehraufträgen an den Universitäten Mainz, Duisburg-Essen und Koblenz-Landau tätig. Neben der Lehre und weiteren Publikationen aus seiner Feder ist er auch an der Herausgabe einer Gesamtausgabe des Werkes von H.P. Lovecraft beteiligt. Doch zurück zu Buch.
Wie es zu einer gründliche Arbeit gehört, werden erst einmal die Präliminarien des Betrachtungsgegenstandes festgesetzt, nachdem ähnlich geartete Arbeiten, die bereits einige Vergangenheit haben, erwähnt worden sind.. Es muss also zuvorderst die Frage geklärt werden, was denn unter einer Heiligen Schrift überhaupt zu verstehen ist. Dazu führt Frenschkowski 12 Eigenschaften an, von denen eine größere Anzahl zutreffen muss, um einen Text als Heilige Schrift titulieren zu können. Das Alter des Textes, die Exegese, der besondere Umgang mit den Schriften oder aber eine grundlegende Rolle der Schrift im Kult gehören zu den Kriterien, die hier als Klassifikationsmittel dienen.
Die strukturelle Ordnung des Haupttextes ergibt sich aus der Bedeutung der jeweiligen religiösen Schrift für den durchschnittlichen mitteleuropäischen Menschen. Von der jüdischen Tora führt der Pfad also direkt zum Neuen Testament, bevor der Autor der Frage nachgeht, ob es in den vorchristlichen Kulturen, die für Europa prägend waren, zumindest Versuche gegeben hat, Texte für heilig zu erklären oder Sammlungen derartiger Schriften anzulegen.
Es folgen Koran, Awesta, manichäische und mandäischeSchriften, die Veden, der Pali-Kanon, die Texte der Jainas, die der Taoisten und Konfuzianer, der Shinto-Anhänger und mittelamerikanische Codices. Immer werden die entsprechenden Schriften in ihrer Tradierung dargestellt, die eventuelle Bildung von Textsammlungen und deren Editionen nachvollzogen, bevor eine kurze inhaltliche Angabe folgt.
Neben den bekannten und bekannteren religiösen Schriften berücksichtigt Frenschkowski aber auch solche, die nicht so weit verbreitet sind. Vorurteilsfrei werden so beispielsweise die Schriften der Scientology-Church vorgestellt. Derartige Darstellungen sind selten, wird die Literatur gerade zu dieser religiösen Bewegung seit Jahren von Polemik dominiert, der sich sogar Wissenschaftler anschließen. So ist das Buch in den Teilen, in denen Schriften der neueren religiösen Bewegungen abgehandelt sind, ein Plädoyer, eingefahrene Bewertungsmuster christlichen Religionsverständnisses zu verlassen und zu einer echten religionswissenschaftlichen Erforschung zu finden. Weitere, meist in solchen Sammlungen nicht erwähnte Texte, sind das Buch Mormon der gleichnamigen Glaubensgemeinschaft, die Schriften der Vereinigungskirche von Reverend Mun, die der Bahai, der Yeziden, der Drusen, der Wicca und Crowleys Buch des Gesetzes. Damit wird der Band zum umfassendsten Werk, das derzeit zum Thema religiöse Schriften nicht nur einem breiten Publikum zugänglich ist. Marco Frenschkowski vermittelt fundierte Informationen, dicht und dabei gut lesbar geschrieben und bietet, ein weiterer Vorteil, nach jedem der essayartigen Kapitel Literaturhinweise, die den Zugriff zu einer Vertiefung des Studiums der jeweiligen religiösen Schrift vereinfacht.
Bleibt zu wünschen, dass die mit diesem Band erreichte hohe Qualität durch die Einzelbände der gesamten Reihe gehalten werden kann. Der hier besprochene Titel kann uneingeschränkt empfohlen werden und das längst nicht nur wegen des sensationellen Preises, der natürlich nicht unerwähnt bleiben darf.