Montag, 11. Januar 2010
Blake, William, Die Hochzeit von Himmel und Hölle, area Verlag: Erftstadt 2005, 192 S., Festband, ISBN 3-89996-429-2; 5,00 €.
William Blake (1757-1827) ist den meisten wohl eher durch seine Malerei bekannt denn durch seine Dichtungen. Bildwerke wie „Der Traum des Nebukadnezar“, „Leviathan“ oder „Der Alte der Tage“ wird sicher jeder kennen. Um so erfreulicher, dass nach langer Pause nun ein Reprintverlag beschlossen hat, einige seiner Poeme wieder aufzulegen. Die Ausgabe enthält Blakes zentrales Werk, welchem dem Band auch den Namen gab, neben den großen epischen Dichtungen „Ahania“, „Los“, „Thel“ und „Urizen“. Komplettiert wird das Ganze durch die Werke „Weissagungen der Unschuld“, „Visionen der Töchter Albions“, „Amerika“, „Europa“ und „Los und Enitharmon“. Dabei handelt es sich um die Auswahl, die einer Ausgabe von 1907 entspricht, wobei lediglich die Orthographie angepasst wurde.
Der 1757 als drittes von sieben Kindern geborene Maler, Dichter und Kupferstecher erfuhr seine Inspiration aus für ihn erschütternden Visionen, die ihn schon als achtjähriges Kind zum Außenseiter machten. Damals sah er nach eigenen Auskünften das erste Mal Engelsgestalten in Bäumen, die mit ihm Kontakt aufnahmen. Damit stand er nicht allein. Auch sein älterer Bruder erlebte die visionäre Schau: er gab an, mit Moses und Abraham in Kontakt getreten zu sein. Schon als Kind widersetzte sich Blake den Zwängen, die von außen an ihn heran getragen wurden. So wagten seine Eltern es nicht, ihn zur Schule zu schicken; seine Bildung erlangte er durch autodidaktische Studien unter der helfenden Anleitung seiner Mutter. Diese Haltung sollte ein Leben lang Bestand haben; er betrachtete Vernunft und Bildung als eine Erzsünde. Zeichenschulen hingegen besuchte er seit frühester Kindheit mit Unterstützung seiner Eltern.
Die Bibel blieb neben seinen Visionen für Blake ein Leben lang Kern seiner künstlerischen Auseinandersetzung. Zudem wandte sich der junge Blake okkulter Literatur und spiritistischen Gruppen unter dem Einfluss von Swedenborg zu; daneben beeindruckten ihn in dieser frühen Phase seines Schaffens offenbar auch die Schriften der heiligen Theresa.
Der aus einem sehr religiösen, allerdings von der anglikanischen Hochkirche abweichenden Haushalt stammende Dichterprophet wandte sich später von Swedenborg ab und Paracelsus und Jakob Böhme zu. In diese Phase seines Lebens fällt die Fertigstellung seines ersten illuminierten Buches, wie er seine kleinen zeitlosen Werke später nannte, „Die Hochzeit von Himmel und Hölle“. Die Verbindung von Text und Bild, welche direkt auf die Kupferplatte aufgebracht wurden, war bis dahin einmalig. Gerade diese Verbindung von Dichtung und bildnerischer Darstellung suchte er immer wieder; beide Künste sah er als Bestandteil derselben Vision, die es wieder zu vereinigen galt. Und in dieser Zeit schrieb er seine stärksten Epigramme, so beispielsweise die letzten Worte der „Hochzeit“: „Denn alles was lebt ist heilig“ oder aber „Der zerschnittene Wurm verzeiht dem Pflug“ aus „Sprichwörter der Hölle“. Die Verherrlichung von leidenschaftlicher Tugend, Energie und Sexualität zieht sich durch all seine erleuchteten Schriften. Luvah nannte er dieses Prinzip in seiner persönlichen Mythologie. Meist sind also Phantasie und Eros als archaische Kräfte Gegenstand seiner feierlichen Gesänge.
Bei den Zeitgenossen soll Blake immer wieder auf Unverständnis gestoßen sein, was sicherlich nicht erstaunt. So soll es zum Skandal gekommen sein, als sich Herr und Frau Blake nackt in ihrem Garten präsentierten und in verteilten Rollen „Paradise Lost“ rezitierten.
Neben seine eigenen Arbeiten illustrierte er die Werke von Milton, Dante oder aber das Buch Hiob, zu dem er eine besondere Beziehung zu haben schien.. Dass diese Auftragsarbeiten, von denen er lebte, häufig nicht termingerecht abgeliefert werden konnten, lag in erster Linie an der „Beeinträchtigung“ seiner Arbeit durch immer wiederkehrende Visionen. So erscheinen ihm Geister, Engel, der Erzengel Gabriel, sein toter Bruder, Michelangelo oder aber Teufel, die sich in seinem künstlerischen Schaffen zu Wort melden. Um der künstlerischen Umsetzung seiner Einsichten nachgehen zu können, lehnte es Blake zeitlebens ab, Unterricht in größerem Stile zu geben, so als ihm eine hochdotierte Stellung am Hof in London offeriert wurde. Während sein Bildwerk nach wie vor lebendig ist, sind seine Poeme im deutschen Sprachraum eher unbekannt. Dieses Missverhältnis ist mit dem vorliegenden empfehlenswerten Band nun etwas ausgeglichener.
Alles in allem handelt es sich bei diesem Reprint um eine sehr schöne repräsentative Sammlung der wichtigsten Dichtungen dieses Visionärs, auch wenn bei der Einbandgestaltung Abstriche gemacht werden können.
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