Sonntag, 17. Januar 2010
Read, Piers Paul, Die Templer. Die Geschichte der Tempelritter..., Atmosphären Verlag: München 2005, Festband, ISBN 3-86533-031-2, 19,90 €.
Piers Paul Read, der Autor dieses Buches über die Templer, ist emeritierter Dozent der Geschichte in Cambridge, derweil in London lebend und mittlerweile Verfasser von Romanen und Büchern zu verschiedenen Sachthemen. Das hier in deutscher Übersetzung vorliegende Werk erschien bereits 1999 in England und zementiert den Eindruck einer allgemeinen Templerrenaissance, gemessen an der Fülle der neueren Publikationen zu diesem Orden.
Was ist nun, eingedenk dieser Publikationswut, das Besondere an diesem Werk?
Zuerst einmal sticht die lebendige Darstellung der historischen Ereignisse als ungewöhnlich hervor. Das lässt sich vorweg für das gesamte Werk konstatieren.
Der Einstieg ist ebenso bemerkenswert. Ausgehend von der Frage, warum gerade Jerusalem so bedeutend für Juden, Christen und Muslime ist, erzählt der Autor sehr unterhaltsam und informativ die Geschichte des Christentums und des Islams schlaglichtartig. Auf den ersten achtzig Seiten findet sich also alles an Vorkenntnissen, was nötig ist, um die wechselvolle Geschichte der Tempelritter einordnen zu können.
Bekanntermaßen ist die Geschichte der geistlichen Ritterorden eng mit dem Kreuzzugsgedanken verbunden. Folglich wird dieser Entwicklung und den daraus folgenden Zügen viel Raum gegeben. Was manch andere Bücher zum Thema vermissen lassen, leistet Read hier fast spielerisch: Von der Gründung des Ordens und der an ihn gestellten Anforderungen führt der Autor durch die Jahrhunderte des Bestehens des katholischen Ritterbundes; immer eng an den politischen Realien in Outremer und fokussiert auf die zahlreichen Interessenverflechtungen. Das dabei en passant auch die Assassinen ausreichend Erwähnung finden, ist nur ein Beispiel, welches den weiten Betrachtungswinkel des Buches aufzeigen mag. Die dazumal allzeit aufgetretenen schwierigen politischen und militärischen Lagen und die daraus folgenden Entscheidungen werden hervorragend analysiert. Dabei gewinnt ein komplexes, sich ständig veränderndes Mächteverhältnis Form und Farbe: Da sind Päpste, christliche Potentaten in Europa und Asien, die Herrscher des Byzantinischen Reiches, die muslimischen Dynasten und natürlich die geistlichen Ritterorden, zentral: die Templer. Die große Kunst von Read ist es hierbei, komplexe Sachverhalte einfach und vergnüglich lesbar darzustellen. Dabei verlier er nie den Fokus. Und der ist an sich schon weiter gespannt als in derartigen Darstellung gewöhnlich. Nicht nur das Ordensleben, die Konflikte nach innen und außen werden dargestellt, sondern auch der Spagat einer Ordensgeschichte in Asien und zeitgleich in Europa gelingt hervorragend. Sollte eigentlich in einer derartigen Darstellung selbstverständlich sein, gelingt aber in den seltensten Fällen glücklich. Diese Differenzierung setzt sich bis zur unterschiedlichen regionalen Vorgehensweise der Inquisitoren am Ende der Ordensgeschichte durch.
Daneben werden die einzelnen Personen der Geschichte genauestens eingeführt und charakterisiert, bis hin zur tragischen Rolle des Jakob von Molay.
Den herkömmlichen Mythologisierungen der Templer wird hier hingegen wenig Platz eingeräumt. Read weist anhand der guten Quellenlage zur Ordensgeschichte nach, dass es sich in keiner Weise um einen Orden handeln könne, dem besondere überkonfessionelle Spiritualität nachgesagt werden könne.
Empfehlenswert ist auch das Nachwort von Konrad Dietzfelbinger, dem Übersetzer des Buches. Er geht noch einmal besonders auf die seit dem 17. Jahrhundert verbreiteten und als „Templerismus“ bezeichneten Spekulationen ein, die den Rittermönchen eine institutionalisierte Geheimlehre andichten.
Das Buch ist mit zahlreichen Farb- und Schwarz-Weiß-Abbildungen angereichert; außerdem illustrieren aussagekräftige Karten den Text.
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