Montag, 11. Januar 2010
Burkert, Walter, Antike Mysterien. Funktionen und Gehalt, C.H.Beck: München 1994, 153 S., Festband, SU, ISBN 3-406-34259-0, 24,90 €.
In vorliegendem Werk gibt der Autor, mittlerweile emeritierter Professor für klassische Philologie an der Universität Zürich und profunder Kenner antiker Religionssysteme, einen wohl strukturierten Überblick über das antike Phänomen der Mysterienkulte. Anhand von Fragmenten, Hinweisen und Anspielungen antiker Überlieferung wird versucht durch Interpretation Formen religiösen Handelns, die längst verschwunden sind, verständlich zu machen. Diesem Anliegen wird das Werk in vollem Umfang gerecht, hervorzuheben dabei ist die Nüchternheit, mit der sich der Autor dem Thema nähert. Dies ist gerade in diesem Zusammenhang anzumerken, da nach wie vor das faktische Wissen um exoterische und esoterische Aspekte der Mysterien nur in Ansätzen vorhanden ist und so viel Raum für, zum Teil unseriöse, Spekulation bleibt.
Anhand von fünf Mysterienkulten, die durchaus als die Hauptvertreter gelten können, werden Gemeinsamkeiten, wie Erfahrung des Heiligen, Transformation und Heilung, sowie die Unterschiede in Organisation und Inhalt des Kultes vorgestellt in einer auch dem historischen und religionswissenschaftlichen Laien verständlichen Sprache, wobei die reichhaltigen Fußnoten dem Profi sicherlich das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen.
Der Autor charakterisiert Mysterien als eine persönliche Option im Rahmen des allgemeinen polytheistischen Systems, die dem Mysten die Chance geben, in direkten Kontakt mit den Göttern zu treten und durch die Erfahrung des Heiligen einen neuen Status der Bewusstheit zu erlangen. Diese Erfahrung wurde unterschiedlich gestaltet, während es bei den Eleusinischen Mysterien die einmal jährliche Mysterienweihe war, an der fast jeder teilnehmen konnte, waren innerhalb des Mithraskultes eine genau festgelegte Gradhierarchie, die an die heutigen Freimaurerorden erinnert, zu durchlaufen, dabei waren zum Mithraskult nur Männer zugelassen, ein Urbild des exklusiven Klubs.
Neben wirklich interessanten Fakten verschweigt der Autor nicht die überaus spärliche Quellenlage, die den Religionswissenschaftler vor das schier unlösbare Problem stellt, die Inhalte der Mysterienkulte zu erhellen, was sicherlich auch in der altbekannten Tradition von Geheimgesellschaften begründet liegt, integrale Bestandteile des Kultes unter dem Siegel der Verschwiegenheit und nur mündlich weiterzugeben.
Die indirekten Quellen die hier zu Rate gezogen werden sind die gnostisch-hermetische Literatur, die Zauberpapyri, die griechisch-römische Romanliteratur und Texte von Philosophen wie Platon und Plutarch. Das dritte Kapitel, das sich mit diesen Quellen auseinandersetzt, bildet sicherlich einen Glanzpunkt des Buches.
So ist es dem Verlag C.H.Beck gelungen ein rundum solides, gut aufgemachtes Werk herauszugeben, das selbst moderne Quellen einschließt und durch einen Bildteil anschaulich illustriert ist. Als Einstieg in die Thematik aber auch zur Vertiefung unbedingt geeignet.
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