Sonntag, 30. Mai 2010

Rätsch, Christian, Räucherstoffe. Der Atem des Drachen, AT Verlag: Aarau 4. Aufl. 2006, Festband, 240 S., ISBN 3-03800-302-6, 29,90 €.


Dieses Buch erschien erstmalig 1996 und wurde nun in einer vierten, erweiterten Auflage neu herausgebracht.
Der Autor, Dr. Christian Rätsch, ist Ethnopharmakologe, der seit zwanzig Jahren den Pflanzengebrauch in schamanischen Kulturen studiert. Im Vordergrund steht dabei der medizinische und rituelle Gebrauch der Pflanzen bei den jeweils beobachteten Ethnien. So lebte er drei Jahre bei den Lakandonen, forschte im Himalaya und ist Autor verschiedenster Bücher. Das weithin bekannte Standardwerk "Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen" ist nur eines der Werke, das aus seiner Feder stammt. Dabei ist sein Fokus nicht nur auf die südamerikanische oder asiatische Flora ausgerichtet. Auch die einheimischen Traditionen um den rituellen Pflanzengebrauch gehören in die beeindruckende Kenntniskiste von Rätsch. Daneben ist er zunehmend als Referent und Seminarleiter zu erleben.
In diesem Werk nun geht es um Pflanzen, die als Räucherstoffe Verwendung fanden und finden. Als eine der ältesten Formen des Opfers werden mit dem Rauch seit jeher magische und medizinische Eigenschaften verbunden. In diese lange Geschichte der Räucherstoffe wird einleitend sowohl fundiert, als auch kenntnisreich und kurzweilig eingeführt. Der Autor entwirft so ein Bild, das verdeutlicht, dass Räuchern seit Urzeiten überall auf der Welt eine herausragende Stellung einnimmt. Die Betrachtung reicht bis hin zu planetaren und zodiakalen Zuordnungstabellen des 20. Jahrhunderts.
Im Hauptteil dieses großformatigen und reich bebilderten Buches sind dann alphabetisch geordnet 72 Pflanzen ausgesucht. Die jeweils mehrseitigen Beschreibungen beinhalten einen ethnopharmakologischen/ -botanischen Teil und dann einen, der Beispiele für die Nutzung rund um den Globus anführt. Zudem führt Rätsch zu jeder Pflanze weiterführende Literatur an, beschreibt Wirkungsweisen und Anwendungsmöglichkeiten, gibt hier schon Pflanztipps und so vorhanden, Rezepte für Räuchermischungen. Zu jeder Pflanze fand der Autor verschiedene Stiche oder Fotos, die mit den ausführlichen Porträts schnell den Wunsch wecken könnten, dass dieses Buch sehr viel umfangreicher sein möge.
Für den Schnellzugriff gibt es anfolgend einen Bildteil, in dem die beschriebenen Pflanzen noch einmal nach ihrer Beschaffenheit geordnet sind; also nach dem Schema Wurzeln, Holze und Rinden, Harze und Gummis, Blätter, Nadeln und Zweigspitzen, Samen und Früchte.
Eine weitere Besonderheit dieses hervorragend gelungenen Buches ist ein Teil zur Zubereitung und zum Gebrauch von Räucherstoffen. Bei den einzelnen Pflanzen bereits angerissen, wird der praktische Aspekt vertieft. Hier wird dem Leser zuerst ein pharmazeutisches Glossar geboten, bevor die Rezepte anfolgen. Und was der Autor hier zusammen getragen hat, ist ebenfalls eine Klasse für sich. Eine Rekonstruktion der delphischen Räucherung findet sich neben einer Anleitung zur Bereitung eines Oberbayrischen Hexenrauchs und einer mongolischen Schamanenräucherung. Auch dieser Teil des Buches weckt wieder den Wunsch nach ergänzender Fortsetzung.
Eine ausführliche Bibliographie, ein Verzeichnis von Bezugsadressen von Räucherstoffen und ein Stichwortverzeichnis runden den empfehlenswerten Band ab.