Sonntag, 30. Mai 2010

Frater Oriphiel, Die Gnosis der Dunkelheit, Bohmeier Verlag: Leipzig 2007, Paperback, 96 S., ISBN 978-3-89094-536-1, 14,95 €.


Nach dem beachtenswerten Erstlingswerk Magische Einweihungspfade hat der Bohmeier Verlag nun das Nachfolgewerk Die Gnosis der Dunkelheit von Frater Oriphiel herausgebracht, das hier besprochen werden soll.
Wieder ist es dem Autor gelungen, teilweise schwer verständliche innere Zusammenhänge der abendländischen magischen Tradition anschaulich und mit praktischen Anleitungen versetzt zu präsentieren. Aus eigener Erfahrung in jahrelanger Praxis lässt Oriphiel den Leser an seinem Wissensschatz teilhaben.
Besonderes Gewicht liegt in diesem schmalen Band, wie der Name es bereits verrät, auf den Traditionen zur Linken, wie sie in verschiedenen Logen tradiert werden und wurden. Das Hauptaugenmerk dabei wiederum liegt auf den Gruppen, die im saturnischen Geist arbeiten, dabei herausgehoben die Fraternitas Saturni.
Zudem muss natürlich erst einmal eingeführt sein, was die Beschäftigung mit dem saturnischen Geist ausmacht, durch welche Qualitäten dieser gekennzeichnet ist und welche Beziehungen sich aus der Arbeit in einer Saturnloge zur Persönlichkeitsentwicklung ergeben können. Selbstredend sind hier Verallgemeinerungen nur bis zu einem bestimmten Grad möglich, sind derartige Erfahrungen und Reifeprozesse sehr individuelle. Allerdings gibt es auch einige Punkte, die allgemein abgehandelt werden können, da sie, abgesehen von den divergierenden Erfahrungen, im Zentrum der dunklen Mystik liegen. So verhält es sich etwas mit dem Dunklen oder Schwarzen Licht, das im saturnischen Tempel präsent ist. Hier wird dem Leser Material präsentiert, das so bisher einer breiten Öffentlichkeit verborgen war.
Nach dem ersten Teil des Buches, in dem die Präliminarien festgelegt wurden, wird der Aspekt des Dunklen Lichts im zweiten Teil weiter vertieft. Es wird in Beziehung zu den chthonischen Kräften gesetzt und altbekannte magische Techniken, wie das Pentagrammritual, in seiner inversen Form auf die Möglichkeit untersucht, mit diesem einen praktischen Zugang zu eben jenen Kräften zu finden. Nachdem eng zusammenhängende Fragen zur Initiation und der Bedeutung des Todes und seiner Symbolik für die eigenen Entwicklung auf dem dunklen Pfad geklärt sind, folgen dazu die praktischen Anleitungen, durch die schon das erste Buch von Frater Oriphiel bestechen konnte.
Auch der dritte Teil ist überwiegend praktisch orientiert und bietet Ausarbeitungen zu Bannungs-, Schutz-, Zentrierungs- und Verteidigungsritualen und leitet die Erschaffung von Wesenheiten und magischen Talismanen an. Hier stellt der Autor eine Neuschöpfung aus dem eigenen Labor vor: Eine Vielzahl von altägyptischen Hieroglyphen bietet die Basis dieses Zaubers, aus denen wiederum ähnlich den Binderunen nun Bindehieroglyphen gebildet werden, mithilfe derer talismanisch gewirkt werden kann. Die Affinität des Autors zu ägyptischen Themen setzt sich hier durch, wie auch im anfolgenden Teil zu Fragen von Invokation und Evokation. Weit entfernt davon, diese lediglich theoretisch abzuhandeln, ist der Leser aufgefordert, eigene praktische Schritte zu gehen, sei es, um Het Heret zu invozieren, sei es, um Astarot zu evozieren.
Darüber hinaus bietet der schmale Band von Frater Oriphiel in weiteren Ausführungen Material zu Systemen okkulter Freimaurerei und gnostischer Ritualistik, also weiteren Feldern der abendländischen Tradition.
Wie schon das erste Buch des Autors ist auch dieses ein empfehlenswerter Studienbegleiter, in dem immer wieder nachgelesen und Inspiration gefunden werden kann.
Und wie aus gut unterrichteten Kreisen hörbar wurde, soll ein drittes Buch des Autors bereits in der Endfassung bearbeitet werden. Es bleibt also spannend.