Mittwoch, 8. September 2010

Kirchhoff, Jochen, Räume, Dimensionen, Weltmodelle, Hugendubel Verlag: München 1999, 336 S., ISBN 3-424-01449-4, 22,50 €.


Bei diesem Werk handelt es sich in erster Linie um einen fundamentalen Angriff auf die vorherrschenden Lehrmeinungen der Kosmologen.
Gleich einleitend stehen 42 programmatische Fragen an die Physik und andere All-Erklärer, die deren formelhaften Okkultismus hinterfragen.
Die Qualität naturwissenschaftlicher Theorien wird beispielhaft für die Gravitation, Masse und Lichtgeschwindigkeit (die, so lerne ich, keineswegs konstant ist, sondern von Breitengrad und Tageszeit abhängig) als mythisch-archetypisch geladen dargestellt. Erkenntnis findet nach Kirchhoff jenseits von reduktionistischen Betrachtungen statt.
Er kritisiert beispielreich den verschleiernden Gebrauch der physikalisch-mathematischen Sprache, was ihn in Gegensatz zu maßgeblichen Vertretern der naturwissenschaftlichen Welterklärung setzt.
Der Mensch wird bei ihm als integraler Weltbestandteil verstanden, der als Leib-Seele-Geist-Gestalt wirklich ist und Wirklichkeit erkennen kann. Wirklichkeit außerhalb des Menschen und ohne Bewusstsein ist für den Autor eine Phantasmagorie. Analog zu der formulierten menschlichen Trinität denkt Kirchhoff eine kosmische: die materielle Welt, den Weltgeist und die Weltseele. Daraus ergibt sich eine bewusste Materie. Wenn anders gedacht, so seine Kernkritik, als durch eine Weltseele verbunden und mit einem göttlichen Logos (Weltgeist) versehen, ist die Existenz von Leben und Intelligenz nur mit extrem artifiziellen Mitteln mehr zu verschleiern als zu erklären.
Damit zählt dieses Werk zu den immer mehr werdenden Stimmen, die neue Ansätze in der Naturwissenschaft fordern.
Und damit steht Kirchhoff nicht allein; die Befreiung der Naturwissenschaft aus den Klauen der asketisch-leibfreien, lebensfernen Forschersubjekte, denen Teilchenbeschleuniger als sakrale Stätten dienen, ist auch das Anliegen der transpersonalen Bewusstseinsforschung eines Ken Wilber oder eines Stanislav Grof, denen sich der Autor verbunden fühlt. Gefordert wird eine Naturwissenschaft, die nicht alternatives Mentalprojekt ist, sondern aus transpersonaler/transmentaler Bewusstseinsverfassung heraus soll sie holotrop und integral betrieben werden.
Es tauchen weitere illustre Namen auf, denen sich Kirchhoff geistig verpflichtet fühlt, meistenteils als Quelle und Ausgangspunkt seiner naturphilosophischen Betrachtung: neben Schelling, Hegel, Nietzsche, Bruno, Newton, Faraday, Schopenhauer und Sheldrake auch tantrisch-buddhistische Texte und die Koans des Zen (Schwere/Gravitation als das Wurzel-Koan der Physik).
Sein Gegenentwurf dann ist die Darstellung seiner Radialfeldtheorie im zweiten Teil des Werkes.
Diese formt Kirchhoff unter anderem aus dem Scheitern Newtons, der die Gravitation schlussendlich mit der Allmacht und Allgegenwart Gottes erklärte. Diese Kraft beschreibt er in 15 Thesen als allgegenwärtig und für den Menschen nicht abschirmbar. Ihr zu Grunde liegt nach dem Autor ein Feld, das eine radiale Form und Intelligenz hat.
Dieses Radialfeld und seine Wirkungen nennt Kirchhoff poetisch den ätherischen Leib der Demeter und formuliert für jedes Gestirn ein solches Radialfeld. Diese durchdringen sich wiederum gegenseitig nicht und aufgrund radialenergetischer Wechselwirkung lassen sich die Bewegungen der Himmelskörper erklären, in denen sich göttlicher Wille manifestiert. Dieser Wille ist, dem Autor folgend, ein kosmisches Bewusstsein, die Gestirne sind der Leib der Götter und strukturell (Radiallinien) in der Vertikalachse des menschlichen Leibes nachgezeichnet. Eingebettet sind diese radialen Felder zudem in ein prämordial genanntes Feld.
Die wirkende Radialfeldenergie (auch Nullpunktenergie) ist in Kirchhoffs Theorie das Durchgangstor zur Weltseele, zu seelisch-geistiger Nullpunktenergie und die Verbindung beider in einem Punkt der Einheit ist der Faktor, der Willensfreiheit ermöglicht.
Damit wird ein universales Bewusstseinsfeld postuliert, das Medium aller Gedankenimpulse ist. Jegliche paranormale Wahrnehmung (die instantan wirken) ist auf dieser transmentalen Stufe erfahrbar.
Mit der Überschreitung der gängigen Dogmata durch die Radialfeldtheorie regt Kirchhoff ein neues Denken in der Physik an und bereichert den Buchmarkt um ein stimulierendes Werk für alle, denen die Welterklärungsmodelle der herrschenden Naturwissenschaft schon immer einen schalen Geschmack im Mund hinterlassen haben.
Dieses Buch ist ein leidenschaftliches Plädoyer für mehr Leiblichkeit im Erfahren und Denken unseres Universums; dazu eine Herausforderung, gewohnte Denkmuster zu verlassen. Besonderen praktischen Wert hatte für mich als Nicht-Naturwissenschaftler die Aufforderung, immer wieder die ganz existentielle Frage nach der Erfahrbarkeit von Modellen zu stellen, gemeinsam mit der Betrachtung der Prämissen, auf denen diese fußen.