Mittwoch, 8. September 2010
von Lucadou, Walter, Dimension Psi. Fakten zur Parapsychologie, München: List Verlag 2003, 304 S., Festband, SU, ISBN 3-471-78571-X, 22,90 €.
Walter von Lucadou, seit 1989 Leiter der Parapsychologischen Beratungsstelle in Freiburg, Physiker und Psychologe, gilt weltweit als einer der führenden und angesehensten Wissenschaftler der Parapsychologie.
Das Buch „Dimension Psi. Fakten zur Parapsychologie“ entstand im Zusammenhang mit einer sechsteiligen Fernsehserie und ist dementsprechend in sechs thematisch gebundene Kapitel unterteilt. Dabei gehen die einzelnen Teile auf unterschiedliche Autoren zurück; von Lucadou scheint bei diesem Projekt der spiritus rector gewesen zu sein.
Die Kapitel behandeln im einzelnen die wichtigsten Teilbereiche des wohl umstrittensten Bereichs der Wissenschaft. So ist das erste den Geisterscheinungen gewidmet und beinhaltet ein breites Spektrum von Untersuchungen der Phänomene in Hampton Court Palace (Dr. Richard Wiseman, 2000) bis zu den Geistern der Yanomami in Südamerika. Daneben sind vom Autor sowohl das Quija-Board als auch die Legende vom „Fliegenden Holländer“ berücksichtigt, um nur einiges zu nennen.
Im anfolgenden Kapitel zu Nahtoderfahrungen kommen in erster Linie die Arbeiten von Raymond Moody als hervorragendstem Wissenschaftler zu diesem Thema zur Sprache, genauso wie auch die seiner Kritiker Susan Blackmore oder Karl L. R. Jansen. Zu den Überlegungen und Forschungen des Nahtoderlebens sind die Außerkörperlichen Erfahrungen hinzu gesetzt.
Als nächstes handelt das Buch dann von Reinkarnation. Neben den Aussagen des Dalai Lama und weiteren Fallbeispielen ist besonders die Geschichte der Shanti Devi hervorzuheben, die den Reinkarnationsforschern über Jahrzehnte Rätsel aufgegeben hat.
Danach werden die Erkenntnisse zur Telekinese beleuchtet. Hier reicht die Bandbreite des dargebotenen Materials von Experimenten mit Eusapia Palladino, D.D. Home und Willi Schneider bis hin zu den neuesten Versuchen von Roger Nelson vom Global Consciousness Project, der mit seinen REG´s (Random Event Generator) den Nachweis erbracht hat, dass Ereignisse wie Neujahrsfeiern, Kriege oder Terroranschläge, die von Milliarden Menschen wahrgenommen werden, auf diese weltweit aufgestellten Zufallsgeneratoren einwirken.
Und es bleibt spannend; das nächste Kapitel wendet sich der Telepathie zu. Die von Joseph Banks Rhine entwickelten Zener-Cards und die damit verbundenen Versuchsreihen bilden den Einstieg; Kern dieses Teils sind die militärischen Geheimprojekte zur Ausbildung von Psi-Agenten, die zur Zeit des Kalten Krieges auf beiden Seiten des Vorhangs blühten. Die Geschichte des im Stanford Research Institute von Harald E. Puthoff und Ingo Swann entwickelten Remote Viewing wird nachvollzogen; in gleichem Maße die Bemühungen der Russen unter dem Parapsychologen Leonid Wassiliew.
Im letzten Teil dann handelt das Buch vom Exorzismus, der hauptsächlich von seiner katholisch-abendländischen Seite erfasst wird. Die Exorzismen Jesu und das Rituale Romanum sind die Basis für die anfolgende Schilderung der Geschichte von Anneliese Michel, welche den weitesten Raum einnimmt. Dieser letzte in Deutschland offiziell genehmigte Exorzismus endete 1976, als die 23-jährige nach 67 vergeblichen Austreibungen in Klingenberg an den Folgen von Nahrungs- und Flüssigkeitsmangel starb.
Zu Wort kommen in diesem hochinteressanten Werk jeweils die Wissenschaftler, die ihre Bemühungen ganz auf das entsprechende Gebiet abgestellt haben. Die parapsychologischen Fähigkeiten und Ereignisse sind sehr gut recherchiert und mit den jeweils wissenschaftlichen Erkenntnissen auf der Suche nach möglichen Erklärungen und Ursachen konfrontiert. Dieses aufwendig bebilderte Buch gibt also einen sehr anschaulichen und interessanten Überblick über die Parapsychologie bis in die Gegenwart.
Als wohltuend ist hervorzuheben, dass dieses breit angelegte Buch ohne Polemik auskommt. Die Kapitel stellen zum jeweiligen Thema die Schlaglichter der Forschungsgeschichte dar und in erster Linie werden hier Fragen gestellt. Wenn Urteile auftauchen, sind diese erkennbar als Zitate eingearbeitet und bleiben für den jeweiligen Kritiker oder Verfechter parapsychologischer Phänomene stehen; jedes der Teile dieses kurzweiligen Werkes endet also offen.
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