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Sonntag, 10. Februar 2013

Storl, Wolf-Dieter, Mit Pflanzen verbunden, Heyne Verlag: München 2009, TB, 288 S., ISBN 978-3-453-70100-7, 8,95 €.


Dass Storl besonders dem Grünen Volk, den Pflanzen verbunden ist, hat sich sicher rumgesprochen. Seine Bücher werden bestens verkauft und viele Menschen lassen sich von ihm inspirieren, vor der Tür mal genauer auf das Grün zu schauen.
Neben Veröffentlichungen zu Shiva oder dem Bären als uraltem schamanischen Krafttier sind es die Monografien zu Pflanzen, für die er bekannt ist. Stets ist es in seinen Publikationen eine Auswahl von Pflanzen, die vorgestellt wird, aus ethnobotanischer und kultranthropologischer Sicht, jeweils reich durchsetzt mit eigenen Erfahrungen. Neben den theoretischen Erörterungen ist Storl nämlich auch Praktiker in der Anwendung von Pflanzen gegen größere und kleinere Zipperlein; auch hierien vielen Menschen Vorbild.

Sonntag, 30. Dezember 2012

Storl, Wolf-Dieter, Ich bin ein Teil des Waldes, Heyne Verlag: München 2008, TB, 336 S., ISBN 978-3-453-70098-7, 8,95 €.


Die Besprechungen von Storls Werken zählen zu den festen Größen auf chela-rezensionen, was der Einzigartigkeit des Autors geschuldet ist. Kein anderer im deutschen Sprachraum vermag es, so kenntnisreich und unterhaltsam aus erster Hand über das „grüne Volk“ zu berichten. Storls Bücher handeln von Pflanzen im Allgemeinen und um einen ganz besonderen Zugang im Speziellen: Storl redet mit den Pflanzen. Die Informationen, die er dabei erhält, sind mit den kulturanthropologischen Versatzstücken gleichberechtigt, die sich aus schriftlich tradiertem Wissen oder oraler Tradition zu Herkunft und Nutzen der Pflanzen gewinnen lassen. Diese Mischung macht alle seine Bücher zu etwas Besonderem.
Was nun in vielen von Storls Büchern anekdotisches Beiwerk ist, die biografischen Anteile, rückt in Ich bin ein Teil des Waldes. „Der Schamane aus dem Allgäu“ erzählt sein Leben in den Mittelpunkt. Der Leser nimmt teil an den wichtigsten Lebensstationen des Autors bis zur Seßhaftwerdung als Selbstversorger im Allgäu.
Da ist beispielsweise die Übersiedlung der Familie von Oldenburg nach Ohio, die der Autor als Kind erlebte, und bald darauf die erste prägende Bekanntschaft mit der amerikanischen Wildnis, in die es den Jungen zieht. Storl schildert stellvertretend für diese Lebensphase unter anderem seine manische Baumkletterei als kindlichen Zugang zur Pflanzenwelt, die später dazu beitrug, mit Bäumen zu kommunizieren.
Oder aber die Geschichte des jungen Wissenschaftlers, der sich Ende der 70er Jahre vom College in Oregon für die Feldforschung im Emmental beurlauben ließ. Daraus wurde dann ein längerer Aufenthalt bei den Schweizer Bergbauern und einmal mehr das praktische Studium der Grundlagen der Landwirtschaft. Hier lernte Storl auch den Bauernphilospohen Athur Hermes kennen, der mit seinem Wissen und seiner Erfahrung auf dem Gebiet der biologisch-dynamischen Landwirtschaft als einer der wichtigsten Einflüsse auf den Autor gesehen werden kann.
Bei weiteren Geschichten, ohne alles zu verraten, begleitet der Leser den Autor in den Olympic National Park, den Yellowstone National Park, nach Nepal und während seiner Zeit im indischen Varanasi, im Zusammenleben mit der anthroposophischen Dorfgemeinschaft im Rhonetal und an vielen weiteren Stationen. Sein gewundener Weg kreuzt sich mit dem von Bären, Schamanen, Sadhus und dem von Pflanzenkundigen aller Kulturen, von denen er wißbegierig lernte.
Da das für den Autor ein weiter und abwechslungsreicher Weg zu gehen war, resultiert aus dessen schlaglichtartiger Schilderung ein überaus spannendes, farbiges und inspirierendes Buch, in dem Storl neben die biographischen Anteile immer auch kurze und informative Abschnitte zu den Pflanzen stellt, die in der speziellen Lebenssituation die ihn jeweils umgebende Landschaft charkterisierten.
Insgesamt eignet sich das preiswerte Taschenbuch besonders gut als Einstieg in den äußerst erkundenswerten „Kosmos Storl“.

Freitag, 10. September 2010

Storl, Wolf-Dieter, Pflanzendevas, AT Verlag: Aarau 2007, Festband, SU, 262 S.,
ISBN 978-3-85502-763-7, 22,90 €.


Mittlerweile scheint es fünf vor zwölf für Mütterchen Gaia zu sein und quer durch alle weltanschaulichen Lager ist die Forderung nach einem bedachteren Umgang mit der Natur zu vernehmen. Meist handelt es sich um eine Version der Technokratie „light“, die da notbremsenartig propagiert wird. Alternativ zu dieser massenhaften, meist eher oberflächlichen Einsicht ohne die angemessene Nachfolge von vernünftigem Handeln, gab und gibt es in langer Tradition Menschen überall auf der Erde, die der Umwelt entweder nie entfremdet waren oder sich bewusst ihren Zugang zu Flora und Fauna wieder erarbeitet haben.
Besonders in den Kulturen, in denen professionelle Vermittler zwischen Mensch und der geistigen Dimension der Natur ihrer Aufgabe nachgehen, wird um die Bedürfnisse von Pflanze und Tier noch gewusst. Der Fähigkeit, sich die Pflanze zum Partner zu machen, von ihr zu lernen, mit ihrer Hilfe zu wachsen und zu heilen; dieser Fähigkeit ist das hervorragende Buch von Wolf-Dieter Storl gewidmet, das nun schon in der vierten Auflage erschienen ist.
Der Kulturanthropologe und Ethnobotaniker lebt als freischaffender Autor und Seminarleiter im Allgäu, nachdem er an verschiedenen Universitäten in den USA, in Indien und in Europa gelehrt hat. Dabei widmete er bisher eine stattliche Anzahl seiner Bücher den Pflanzen.
Diese Beschäftigung über Jahre bleibt das gesamte Werk über augenfällig, wenn Storl virtuos mit Geschichten und Geschichtchen aus den verschiedenen Teilen dieser Erde und verschiedenen Zeiten kurzweilig und informativ jongliert.
Als etwas ältere Beispiele stehen da für einen alternativen Umgang mit den Pflanzenwesen die Wundergärten des schottischen Findhorn und des schweizerischen Aigunes Verdes. Ob es die Bemalung der Gartenhäuser mit Göttern, Elfen, Zwergen oder ähnlichen Wesen gewesen ist, der direkte mediale Kontakt zu Pflanzendevas oder aber die seltsamen Präparate unter Verwendung von Bergkristallen oder in Tierorgane gehüllte Kräuter, die in die Erde gegeben wurden: Beide Orte sind für eine landwirtschaftliche Nutzbarmachung eigentlich völlig ungeeignet und an beiden Standorten konnten Pflanzen in Anzahl, Größe und Vitalität gezogen werden, dass der Fachwelt die Münder offen blieben. Diese Beispiele sind gelebte Hinweise auf ein Potenzial im Umgang mit Pflanzen, das aus einer Zusammenarbeit mit den Pflanzenwesen resultiert. Ein wichtiger Bestandteil jüngerer menschlicher Kulturgeschichte, das „Macht euch die Erde untertan“, weicht hier einer fruchtbringenden Partnerschaft von Mensch und Pflanze, die Schule machen könnte.
Dabei figurieren diese Beispiele „lediglich“ als Ausgangspunkte für die Monographie; der Reigen wird damit also erst eröffnet. Der Leser kann sich auf eine witzige Domestizierungsgeschichte der menschlichen Rasse aus Sicht der Pflanzendevas gefasst machen und es erwarten ihn kenntnisreiche und skizzenhafte Einführungen in die Schau von Sehern wie Maria Treben, Edward Bach oder aber Rudolf Steiner, die in direktem Kontakt mit dem grünen Volk standen.
Mit besonderem Interesse geht der Autor den vor- und außerchristlichen Traditionen in ihrem Pflanzenwissen nach. Germanische, keltische, indianische und indische Wege der Kommunikation und Arbeit mit den Pflanzenwesen wären da zu nennen, um nur einige Überlieferungen heraus zu greifen, die Wolf-Dieter Storl studiert hat und die Bestandteil der umfassenden Sicht in diesem Buch sind. Vieles von seinem Wissen, das wird nicht zuletzt durch den anekdotenhaften Stil deutlich, konnte Storl im persönlichen Austausch erwerben. So kam es beispielsweise während seiner Zeit in den USA zu Begegnungen mit dem indianischen Medizinmann Bill Tallbull, dem Storl die Bedeutung der eingeführten europäischen Pflanzen näher brachte, während er über die lokale Fauna und den traditionellen Umgang mit dieser belehrt wurde.
Neben dem inspirierten und inspirierendem Inhalt der Geschichten ist es vor allem auch die Art des Erzählens, die es einen bedauern lässt, wenn die letzten Seiten des Buches langsam erreicht sind, auch wenn sich abschließend mit den meditativen Anleitungen zur eigenen Annäherung an die Pflanzendevas noch ein Höhepunkt findet.
Das Buch ist eine Klasse für sich, und da Prophetie nicht die Aufgabe von Rezensenten sein muss, seien diesem Werk die weiteren Auflagen wegen größter Nachfrage einfach gewünscht.

Storl, Wolf-Dieter, Heilkräuter und Zauberpflanzen..., AT Verlag: Aarau-Baden 2007, Festband, SU, 179 S., ISBN 978-3-85502-693-7, 17,90 €.


„In unserem Streben nach einer ganzheitlichen Kräuterkunde gilt es, die Pflanzen nicht nur als Behälter von Molekularverbindungen, sondern als Lebewesen zu betrachten, die auch von Seelischem und Geistigem umwoben sind.“ (S. 71)
Dieses Zitat, dem hier besprochenen Buch Heilkräuter und Zauberpflanzen zwischen Haustür und Gartentor entnommen, steht programmatisch für das langjährige Schaffen des Autors. Wolf-Dieter Storl, Ethnobotaniker und Kulturanthropologe, vermittelt sein Wissen über die Pflanzen nicht nur in Büchern, sondern auch in Seminaren und Vorträgen.
Neben den eigenen Erfahrungen im praktischen Umgang mit dem grünen Volk bewegt sich Storl in bester Tradition, die in seinen Büchern immer wieder rezipiert wird. Viele der alten, oftmals vergessenen Schriften bringt er in Erinnerung und komponiert alte und neue Sichtweisen zum Pflanzenverständnis in unterhaltsam zu lesenden Form.
Schon in der Antike war das Wissen um die Heilkraft der Kräuter vor der Haustür weit verbreitet und genutzt, wie die Werke vom älteren Plinius oder aber vom Griechen Pedanios Dioskurides, der Leibarzt der Caesaren Claudius und Nero gewesen ist, noch heute belegen. Im Mittelalter stach dann besonders das Werk Hildegards von Bingen heraus, wenngleich es im Vergleich mit den antiken Autoren reduziert erscheint. Zu den besonderen Quellen des Buches von Storl zählt das „Complete Herbal“ (1653) des englischen Botaniker, Arztes und Astrologen Nicholas Culpeper, weil es sicherlich zu den weniger bekannten, wenngleich hochgradig interessanten Werken gehört. Weitere Autoren komplettieren den historisch fundierten Rundschlag durch die Kräuterheilkunde: Die Kräuterpfarrer Sebastian Kneipp und Johann Künzle sind ebenso vertreten wie Paracelsus, Maria Treben oder aber Verweise auf die biologisch-dynamische Landwirtschaft von Rudolf Steiner. Auch die Lehrer Storls, der Bergbauer Arthur Hermes und der Pflanzenschamane und Sonnentanzpriester Bill Tallbull, werden entsprechend gewürdigt.
Dass dieses Buch trotz einer Unzahl berücksichtigter historischer Schriften nicht zu einem schwer lesbaren akademischen Elaborat wird, ist sicher allen einsichtig, die schon Schriften von Wolf-Dieter Storl kennen. In gewohnt brillanter Form unterhält der Autor seine Leser, ohne dass die Tiefe und der Ernst seines Anliegens dabei auf der Strecke bleibt.
Im Zentrum seiner Aufmerksamkeit stehen dieses Mal neun einfache, gewöhnliche Kräuter, die oftmals als „Unkraut“ schlicht übersehen werden. Die Helden des Buches sind die Brennnessel, der Beifuss, Gundermann, Geissfuß, Wegerich, Schachtelhalm, Gänseblümchen, Vogelmiere und Löwenzahn. Deren Eigenschaften werden ausführlich beschrieben, ihre Heilkraft, ihre Bedeutung in der Volksmedizin, ihre Rolle in Sage, Märchen und Aberglaube, ihre planetarischen Bezüge und vieles mehr. Alte Namen, wie „Machtwurz“ für den Beifuss erinnern noch an eine Zeit, als das Wissen um die Potenz der vorgestellten Pflanzen noch lebendig war.
Die „grünen Neun“ sind von Storl willkürlich ausgewählt, da die Zusammenstellung der Kräuter in den regionalen Traditionen variiert. Aber meist sind es, wie hier, neunerlei Kräuter, die als Zauber- und Heilpflanzen in unseren Breiten benutzt wurden und vereinzelt auch werden. So war und ist der Kräuterkundige der Meinung, dass eine Handvoll verschiedener Kräuter ausreichend sei, genaue Kenntnis der Pflanzenpersönlichkeiten vorausgesetzt, um sämtliche Leiden heilen zu können. Storl berücksichtigt dabei die molekularbiologischen und chemischen Erkenntnisse zu den Pflanzen, ohne sie allerdings in ihrer Heilwirkung auf diese zu reduzieren.
Und auch zur allgemeinen Konstitutionskräftigung, für den Nichtleidenden, bieten sich die Kräuter an: eine Frühlingssuppe („Neunkräutersuppe“) aus den genannten Pflanzen soll Wunder am Immunsystem wirken und die Frühjahrsmüdigkeit vertreiben. Zum Zwecke praktischer Anwendbarkeit ist der Text immer wieder ergänzt durch eingestreute Rezepte, welche zur Herstellung von Tees, Suppen, Salaten, und Einreibungen belehren. Zudem finden sich Anleitungen für Gicht- und Entschlackungskuren oder natürliche Färbe-, Dünge- oder insektenabwehrende Mittel.
Das Buch ist nunmehr in der sechsten Auflage erhältlich, die sicherlich nicht die letzte gewesen sein wird. Die Bücher von Wolf-Dieter Storl zählen zum Besten, was derzeit über Pflanzen geschrieben wird und ganz speziell mit diesem Werk kann jede/r gleich beim Verlassen der Haustür neun neue Freundschaften schließen. Ein Buch, das jeden der alltäglichen Wege ungemein bereichert und einen leicht zum Kräutersammler und Suppenkoch werden lassen kann.

Hageneder, Fred, Die Eibe in neuem Licht, Verlag Neue Erde: Saarbrücken 2007, Festband, SU,
320 S., ISBN 978-3-89060-077-2, 39,90 €.


Vieles spricht dafür, dass dieser Band Eingang in die Sammlung rezensierter Bücher auf dieser Seite erhält. Einerseits existieren bereits einige Besprechungen zu ethnobotanischen Publikationen. Das soll natürlich weitergeführt werden. Andererseits, und das ist die Besonderheit, handelt dieses Buch von nur einer Gattung, der Eibe. Nimmt man nun herkömmliche Beziehungs- und Zuordnungstabellen zur Hand, ist die Eibe durchweg und zweifelsfrei dem Gestirn Saturn zugeordnet und damit an dieser Stelle mehr als passend.
Für diese assoziative Verbindung steht sicherlich das langsame Wachstum der Eibe, ihr extrem hartes und dauerhaftes Holz, ihre Giftigkeit, die sie mit dem Tod verbindet, sowie der Umstand, dass sie äußerst schattenverträglich ist. So kommt sie mit nur 5 % der Lichtmenge des Freistandes aus. Auch die lange Lebensdauer und das hohe Alter der Eibe entsprechen saturnischen Qualitäten: Der in Asien, Europa, Nord- und Mittelamerika beheimatete Baum trat erstmalig vor circa 140 Millionen Jahren auf und zählt somit zu den ältesten Baumarten der Welt, wenn es sich nicht sogar um die älteste handelt.
Dieses faszinierende Wesen nun steht im Mittelpunkt des herausragenden Buches von Fred Hageneder. Dieser ist Ethnobotaniker und beschäftigt sich seit Jahren mit Bäumen, insbesondere mit der Eibe. So ist er Gründungsmitglied und Vorsitzender des Vereins Freunde der Bäume und Mitglied der Ancient Yew Group. Seiner Feder entstammen Titel wie Die Weisheit der Bäume oder Geist der Bäume.
Das hier besprochene neueste Werk des Autors ist das großformatige und voluminöse Buch Die Eibe in neuem Licht. Eine Monographie der Gattung Taxus. Gegliedert ist es in zwei Teile, von denen sich der erste mit der Natur der Gattung beschäftigt, der zweite, etwas umfangreichere dann mit der Kulturgeschichte. Dabei sind die einzelnen Kapitel in sich geschlossenen Abschnitte, so dass es ohne weiteres möglich ist, sich quer durch das Buch zu lesen.
Im biologischen Teil erfährt der Leser Grundlegendes zur Klassifizierung der Pflanze, ihrer Evolution und ihrer heutigen weiten Verbreitung, für die ihre hohe Anpassungs- und Regenerationsfähigkeit verantwortlich ist. Große Aufmerksamkeit kommt, um ein Beispiel herauszugreifen, der Eibe als Heilmittel zu; ihre Inhaltsstoffe werden ausgebreitet und auf ihre Wirksamkeit in human- und veterinärmedizinischem Bereich untersucht. Auch in der Geschichte verschiedener Völker finden sich Hinweise auf die Verwendung von Pflanzenbestandteilen der Eibe als Heilmittel, so bei den nordamerikanischen Indianern oder aber im indischen Ayurveda. Die bedeutendsten heutzutage industriell extrahierten Wirkstoffe sind wohl die Taxane, mithilfe derer Krebs häufig geheilt werden kann. Kenntnisreich erläutert der Autor darüber hinaus noch kurz die auf die Eibe bezogene Politik der Pharmaunternehmen und die damit verbundenen ökologischen Auswirkungen. Obwohl die Pharmaindustrie der Eibe durchaus gefährlich werden könnte, liegt es doch in der Verantwortung der Menschen vergangener Jahrhunderte, dass es im Eibenbestand Europas kaum noch geschlossenen Haine oder sogenannte uralte Individuen dieser Gattung gibt. Jahrhundertlang war das Eibenholz zur Herstellung von Langbögen begehrt, wie älteste Grabungsfunde belegen. Die großen frühneuzeitlichen Kriege führten dann zu einem wesentlich erhöhten Bedarf an Eibenholz, so dass man heute davon ausgeht, dass es in Europa bereits am Ende des 16. Jahrhunderts keine nennenswerten Eibenvorkommen mehr gegeben hat.
Und doch regte gerade die Eibe immer wieder die menschliche Phantasie an, wovon Dichtung und bildnerisches Schaffen zeugen. Auch in der Volksmagie spielte der Baum oder seine Teile eine wichtige, zumeist apotropäische Rolle: Vor den Eiben kann kein Zauber bleiben heißt es beispielsweise in einem Spruch, der aus dem Spessart überliefert ist. Diese Aureole von heiligem Zauber scheint der Eibe quer durch die Kulturkreise und Zeiten anzuhaften. Schon in frühester Zeit waren in ihrer Nähe Heiligtümer wie noch heute im japanischen Shinto. Der Lebensbaum einiger Völker scheint ebenfalls eine Eibe gewesen zu sein, Zeremoniengegenstände wurde mit Vorliebe aus Eibe gefertigt und bereits babylonische Tonscherben sind unverkennbar mit dem Nadelmuster der Eibe verziert. Die Pflanze steht kulturhistorisch in Verbindung mit den Übergangsriten am Lebensende, mit der Geburt, mit den Gesetzen einer zyklisch gedachten Zeit und figuriert als Attribut von Göttern und Göttinnen verschiedenster Zeiten und Kulturen.
Diese Aufzählung könnte noch lange fortgesetzt werden. Wie schon im biologischen so auch im kulturhistorischen Teil schafft es Hageneder immer wieder mit seinen liebevoll und kenntnisreich geschriebenen Zeilen zur Eibe zu überraschen, zu fesseln und zu faszinieren.
Das Werk von Hageneder ist zudem ein ausgesprochner Prachtband, der auch hohen bibliophilen Ansprüchen gerecht wird. Auf hochwertigem Papier gedruckt ist das Buch mit einem gefälligen Schutzumschlag ausgestattet und besticht zudem durch eine aufwendige und größtenteils farbige Bebilderung. Sowohl der natur- als auch der kulturwissenschaftliche Teil halten einer akademischen Qualitätsprüfung stand und sind zudem, bei aller faktischen Dichte, äußerst unterhaltsam zu lesen. Die Klärung von Fachbegriffen findet sich in einem biologischen Glossar sowie, sehr elegant und didaktisch klug gelöst, in farbig unterlegten Kästen an den entsprechenden Stellen ihrer ersten Verwendung. Das Buch wartet zudem mit einem Endnotenapparat auf, mit einer Bibliographie, einem Index sowie mit fünf Appendices.
Diese großartige Untersuchung zum saturnischsten aller Bäume scheint sowohl vom Inhalt als auch vom Äußeren nur dazu geschaffen, die ethnobotanische Bibliothek zu adeln. Und nicht nur die.

Mittwoch, 8. September 2010

Zerling, Clemens, Lexikon der Pflanzensymbolik, AT Verlag: Baden - München 2007, Festband, SU, 336 S., ISBN 978-3-03800-218-5, 34,90 €.


Die Natur, die allnährende Große Göttin, ist in ihrem Reichtum gerade an vegetativem Leben die Grundlage der tierischen und menschlichen Existenz. Aus ihrer Flora stammen beispielsweise Nahrungs- und Heilmittel oder aber Meisterpflanzen, die den Zugang zu anderen Welten ermöglichen. Die vielfältige Bedeutung des Grünen Volkes für den Menschen kann schwerlich überbetont werden und eine zunehmende Anzahl an Veröffentlichungen der letzten Jahre bringt die Pflanze als Partner, Freund, Heiler und Lehrer wieder ins Bewusstsein.
Der Autor des vorliegenden Buches, Clemens Zerling, ist sicher kein Unbekannter für diejenigen, die sich für Publikationen der Themenkreise Kult- und Kulturgeschichte, Völkerkunde und Religionsgeschichte interessieren. Neben den Veröffentlichungen aus seiner Feder steht seine verlegerische Tätigkeit. So konnte beispielsweise das in mancher Hinsicht spektakuläre Werk von Johanna Wagner in den 1980ern in seinem Verlag, der in Berlin sitzt, erscheinen.
Clemens Zerling verfasste nun ein Lexikon der Pflanzensymbolik. Das Symbol ist nach dem Wortursprung eine Ableitung vom altgriechischen Verb symballein, welches zusammenwerfen meint. Die Bedeutungsgehalt verschob sich über Kennzeichen, Merkmal oder Zeichen von oder für etwas, hin zu einem sinnlichen Zeichen, welches eine sonst nicht fassbare Idee ausdrückt oder aber komplexe Zusammenhänge bzw. verschiedene Deutungsebenen eines Gegenstandes auf eben ein Symbol verallgemeinert. Damit wurde das Symbol zum Wahrzeichen und Sinnbild kollektiver Bewusstseinsinhalte. Und seit den Darstellungen in steinzeitlichen Grotten ließ und lässt der Mensch Pflanzen symbolisch sprechen, dem dieses Kompendium nun Rechnung trägt.
Vom Adonisröschen bis hin zur Zypresse finden sich hier die wichtigsten Kulturpflanzen unserer Region in Bild und Erläuterung versammelt. Der Autor strukturierte die einzelnen Artikel dergestalt, dass immer mit den botanischen Namen und Familien begonnen wird. Daran anfolgend finden sich die tradierten Volksnamen, die Blütezeit, eine Beschreibung der jeweiligen Blüte, eventuelle Auffälligkeiten und Heilwirkungen sowie die Grundbedeutungen als Symbol, die Grundcharakteristika und der Gehalt der Pflanze in der Blumensprache. Bei letzterer handelt es sich um eine einst in höfischen Kreisen Europas beliebte Kunst, die im 18. Jahrhundert aus dem Orient importiert wurde. Diese subtile Sprache (selam) wurde wahrscheinlich im spätantiken Persien entwickelt und umfasst ein Alphabet der Blumenarten, -farben und -arrangements. Und damit ist gerade einmal das Grundgerüst der einzelnen Artikel beschrieben. Viele der angeführten Pflanzen sind zudem christlich attributiert oder aber in Mythen und Märchen seit der Antike präsent. Entsprechend europäischer Kulturausbildung stehen die Inhalte griechischer, römischer, ägyptischer oder aber germanischer Überlieferungen im Zentrum der sehr unterhaltsam nacherzählten Geschichten zu den jeweiligen Pflanzen. Damit ist das Werk kein ethnobotanisches, sondern ein kulturgeschichtliches Kompendium zum Grünen Volk.
Da darf die paracelsische Signaturenlehre genauso wenig fehlen wie die Berücksichtigung von Planetenzuordnungen oder, wenn für die einzelnen Pflanzen verfügbar, die Zahlensybolik.
Zudem enthält dieser Band ein Stichwortverzeichnis, das es gestattet, unter verschiedenen Schlagworten quer durch die Artikel zu lesen. So findet man, folgt man beispielsweise dem Begriff Leere, den Röhriger Affodill als Symbol ebenjener Leere, genau wie das auch bei Weißkohl und Heidekraut der Fall ist. Daneben, ist zu lesen, empfiehlt der Heilpraktiker Dirk Albrodt die Essenz der Buchenblüte zur Unterstützung für Meditationen zu den Themen Leere, Tod und Sterben (2003). Andere Begriffe, wie Treue, Langlebigkeit oder Kraft bieten bei dieser Vorgehensweise abendfüllende Lektüre, da sie mit wesentlich mehr pflanzlichen Bezügen gesegnet sind.
Augenfällig sind die ganzseitigen Farbabbildungen, die neben kleineren Lithographien für eine ganze Anzahl der Pflanzen den Band illustrieren. Sie entstammen dem Choix des plus belles Fleurs (Paris 1833) vom Aquarellist Pierre Joseph Redouté, einem der Begründer der botanischen Pflanzenmalerei, dessen jeweils mehrbändigen Tafelwerke zu Lilien und Rosen die Höhepunkte des Schaffens sind.
Ergänzt wird dieses aufwendig bebilderte Lexikon von Clemens Zerling durch ein ausführliches Glossar, ein kurzes Verzeichnis der historischen Quellen wie Herodot, Plinius oder Pausanis und eine Bibliographie zur Fachliteratur.
So rundherum gelungen kann ein Lexikon sein.