Samstag, 2. Januar 2010

Nauwald, Nana, Das Lachen der Geister, Festband, SU, 352 S., Sphinx Verlag: Kreuzlingen - München 2008, ISBN 978-3-7205-9006-8, 19,95 €.


Mit einigen Publikationen, vielen Seminaren und Kunstwerken bewies Nana Nauwald bisher ihre ungebrochene Begeisterung, ungewöhnliche Wege zu erforschen und andere daran teilhaben zu lassen. Das letzte Elaborat dieses Weges ist nun das 2008 veröffentlichte Buch „Das Lachen der Geister. Meine Reise zu den Schamanen“, das im Sphinx Verlag erschienen ist.
In diesem Werk nimmt die Autorin den Leser auf eine ihrer Reisen in den peruanischen Regenwald mit und lässt ihn so an diesem Erlebnis teilhaben. Dabei ist es nicht die erste Reise der Autorin zu den Ayahuasqueros in Südamerika. Seit acht Jahren fährt sie regelmäßig in den Regenwald Perus, um dort in dörflich-indigener Gemeinschaft zu leben und von deren Schamanen zu lernen.
Und bereits mit ihrer in diesem Buch geschilderten Ankunft in Peru wird der Leser Zeuge ihres Bangens in Gedanken und Gefühlen, das mit dieser wenig berechenbaren Unternehmung verbunden ist. Da diese Reise von Nana Nauwald auf Erfahrungen ausgerichtet ist, die persönlichem Wachstum und geistiger Entwicklung dienen, hält dieser Aufenthalt neben den Problemen, die aus Personenkonstellationen erwachsen auch eine gehörige Portion an geistiger Arbeit bereit, die es zu bewältigen gilt.
Ob es die Begegnungen mit alten Schamanen wie Benito sind, die sich verändernde Liebschaft zu dem jüngeren Schamanen Javier oder aber das spannungsgeladene Verhältnis zu der Zauberin Negrita: Die Autorin beschreibt ihre Erlebnisse nah und eindrücklich, mit allen Schwierigkeiten, die auf dem Weg des Verstehens auftauchen. Und davon gibt es nicht eben wenige in diesem Buch.
Immer wieder wird das Ringen deutlich, in dem sich der westlich geprägte Geist der Autorin trotz aller Offenheit an einem Weltbild abarbeitet, das mit den gewohnten Glaubenssätzen einfach nicht in Einklang zu bringen ist. Das kann dann schon mal in einem vollständigen Vertrauensverlust der eigenen Wahrnehmung gegenüber gipfeln. Deutlich, und dadurch besonders faszinierend, schildert die Autorin immer wieder eindrücklich ihre Widerstände, die meist darauf bezogen sind, erfahrene Einsichten und damit verbundenes Wissen in das eigene Leben zu integrieren, wo sie bisher lediglich als intellektuell verarbeitete Muster ihren Platz hatten. Das eine intellektuelle Bewältigung eigentlich keine ist, spürt man als Leser in der geschilderten Kollision der Erlebniswelten, die durch Selbstvertrauen und Erfahrung erst langsam zu einem harmonischen Ganzen heranwachsen.
Der Weg zu Einsicht und innerer Stärke der Autorin ist natürlich auch eine Schilderung vom Kontakt mit den Geistern des Dschungels. Neben den menschlichen sind es besonders die pflanzlichen Lehrer, mit denen sich Nana Nauwald konfrontiert und mithilfe derer sie ihre Visionen empfängt. Immer wieder sind es die mal kleineren und mal größeren Rituale und Zeremonien, in denen die Autorin unter Anleitung der Schamanen vor Ort ihre Erkenntnisprozesse durchlebt und dabei Grenzerfahrungen geradezu sammelt.
Das Buch bietet dem Leser die Möglichkeit, an der mehr inneren als äußeren Reise der Autorin teilzuhaben und bietet zudem einen ungeschönten Einblick in die Alltagsrealität der indigenen Bevölkerung Perus.
Da die Probleme, die geistige Wachstumsprozesse mit sich bringen können, unabhängig vom beschrittenen Weg häufig ähnlich sind, ist „Das Lachen der Geister“ sicherlich nicht nur für eingefleischte Fans des südamerikanischen Schamanismus interessant.

Lerch, Frank, Io Erbeth. Mythos und Magie des ägypt. Gottes Seth, Edition Roter Drache: Rudolstadt 2008, PB, 224 S., ISBN 978-3-939459-14-9, 18,00 €.


Die Mystik und Magie des ägyptischen Gottes Seth genauer zu betrachten und dazu für eine breite, magisch interessierte Leserschaft Grundsätzliches zutage zu fördern, ist ein hehres und überfälliges Unternehmen, das jetzt mit dem ersten Band zu dieser vielschichtigen Gottheit angegangen wurde.
Frank Lerch, Autor so hochgelobter und weit geachteter Werk wie Ouroboros Files oder Nightworks, veröffentlichte bisher im Bohmeier Verlag, in der Edition Esoterick oder im Eigenverlag; der nun erschienene Band wird von der Edition Roter Drache herausgebracht.
Seine Untersuchung zu Seth ist auf zwei Bände angelegt. Der erste Band beschäftigt sich mit den mythologischen Schilderungen, in denen von Seth erzählt wird. Der zweite Band dann soll sich mit Seth aus der magischen Perspektive befassen, also mit den Möglichkeiten, sich die Sethianische Kraft erfahrbar zu machen.
Der vorliegende Band ist also in erster Linie eine intellektuelle Annäherung an Seth, die als Biographie des Gottes beschrieben werden kann. Ausgehend von der nach wie vor ungeklärten Identität des Seth-Tieres werden die ägyptischen Quellen unter verschiedenen Gesichtspunkten gegengelesen und ausgewertet. Ob es Seths Name ist, seine Darstellung, seine Geburt, sein Verhältnis zu den Göttinnen Nephthys, Isis, Anath oder Astarte: Immer erscheint Seth vieldeutig. Seine Rolle ist ähnlich, aber die Bewertung seines Wesens und Handelns schwankt stark und scheint von den Problemen der ägyptischen Gesellschaft mehr abhängig gewesen zu sein als von den mythologischen Zuschreibungen.
Lerch fasst die wichtigsten Mythen, wie die Erzählung von Seths Geburt, seine Auseinandersetzung mit Horus, sein Kampf gegen Osris und seine Rolle als Beschützer des Re vor Apophis zusammen und arbeitet sich erst einmal an der Deutung der Ägyptologen ab. Diese sind meist sehr vorsichtig, vermitteln aber doch ein weitaus differenzierteres Bild als die landläufige Gleichsetzung von Seth und Satan.
Hiebei wird für den Leser offensichtlich, wie viel an Wissen gerade um Seth in Vergessenheit geraten ist. Die einseitige Dämonisierung kann dabei aber nicht dem Christentum in die Schuhe geschoben werden, im Gegenteil: Schon im Alten Ägypten gab es immer wieder Epochen, in denen Seth zum gefürchteten Sündenbock und für alles Bedrohliche verantwortlich gemacht wurde. Was vordergründig nicht falsch ist, folgt man dem Autor. Dabei wird allerdings völlig vergessen, welche Funktion Bedrohung hat; welche Kraft zu Veränderung, zur Entwicklung, welche Möglichkeit zu fruchtbarer Entwicklung dem Umsturz von Ordnung innewohnt.
Ähnliche Funktion erfüllt in hinduistischen Auffassungen etwa Shiva, der in seiner alten Form als Bestrafer der Götter die Ordnung immer wieder bedroht, dabei aber genauso der große Heiler ist und für höchste meditative Einsicht steht. Es kostete die vedischen Philosophen einiges an Überlegung, diesen Außenseiter in die göttliche Ordnung zu integrieren, nicht ohne ihn in seiner Unabhängigkeit und seiner Macht zu beschneiden.
Die Ägypter wählten hier offensichtlich einen anderen Weg. Zu bestimmten Zeiten scheint es eher ein inneres Verständnis für die Notwendigkeit des Sethianischen Charakters gegeben zu haben, in Zeiten, in denen er hochgeachtet wurde, wie zur Herrschaft der Hyksos etwa. Der historische Wandel der Anschauungen zu Seth ist denn auch einer der Hauptaspekte des Buches.
Dennoch wird dabei deutlich, dass die Charakterisierung des Außenseiter fast durchweg dieselbe blieb: Seth ist der Gott der Unordnung, des Chaos, der Krankheit, der Fremde, des Todes, wird mit Leichenfledderei in Zusammenhang gebracht, ermordet seinen Bruder und vergewaltigt seinen Neffen. Gerade seine ungerichtete Sexualität scheint einer der wichtigsten Wesensaspekte gewesen zu sein, der in der ägyptischen Gesellschaft tiefste Verunsicherung und Abscheu hervorrief.
Besondere Aufmerksamkeit sollte der Leser der Interpretation der Mythen um Seth schenken. Hier geht Lerch, nachdem der Forschungsstand umrissen ist, deutlich weiter und erlaubt sich ein erfrischend assoziatives Schreiben, dass Ägyptologen in dieser Form weitgehend verwehrt ist. Seth wird dabei in Analogie schamanischer Initiationsriten zum großen Eingeweihten und Einweihendem, der speziell Horus und Osiris zur Erfüllung der großen Aufgaben verhilft, die vor ihnen liegen.
Mit weiteren Exkursen, wie der genaueren Betrachtung der Sexualität Seths oder einer Erörterung der Rolle des Esels in frühen totemistischen Gesellschaften gelingt es dem Autor immer wieder, verblüffende und anregende Zusammenhänge herzustellen.
Wer also befürchtet, mit dem Buch ein trockenes wissenschaftliches Elaborat präsentiert zu bekommen, fehlt.
Wer sich mit Seth befassen möchte, wird um dieses hervorragend geschriebene Buch nicht herum kommen, genauso wenig derjenige, der bestrebt ist, das eventuell empfundene Chaos in bzw. um sich zu verstehen. Im bewussten Verständnis des Sethianischen Wirkens könnte das Streben nach magischer Fortentwicklung seine Erfüllung finden. Die Vorfreude auf den zweiten Band könnte nicht größer sein.

Karlsson, Thomas, Astralreisen, Edition Roter Drache: Rudolstadt 2008, 144 S., Festband,
ISBN 978-3-939459-09-5, 18,00 €.


Der schwedische Religionshistoriker und Dragon Rouge-Gründer Thomas Karlsson ist dank der Edition Roter Drache unter den an Magie Interessierten in Deutschland lange kein Unbekannter mehr. Die neueste Veröffentlichung dieses außergewöhnlichen Autors nimmt sich eines klassischen Themas der Esoterik an: der Astralreise.
In einer akademischen Aufbereitung des Themas, die quer durch die kulturellen Traditionen verschiedener Völker führt, werden Vorstellungen von der menschlichen Seele betrachtet, wie sie beispielsweise in ägyptischer, kabbalistischer oder aber altnordischer Mythologie überliefert sind. Jedes der vorgestellten Jenseitsbilder bietet sowohl eine Anatomie der menschlichen Seele als auch eine Topographie der Welten, die mit den entsprechenden Seelenanteilen erfahren werden können. Pointiert arbeitet Karlsson in seiner Darstellung heraus, dass im Gegensatz zu den Zeiten vorherrschenden Christentums und Islams in den Hochzeiten älterer Kulturen das Wissen um die Möglichkeiten einer Seelenreise (oder Astralreise) weiter verbreitet war. Besonders die nordische Mythologie, in der der Autor sichtlich zu Hause ist, ist weit und kenntnisreich ausgeführt. Andere kulturelle Deutungsmuster, wie ein schamanisches oder ein tibetisch-buddhistisches kann der interessierte Leser dem hinzufügen.
Immer wieder wurden und werden Seelen- oder Astralreisen dabei mit dem Tod in Verbindung gebracht: eine Diskussion, der sich der Autor dankenswerterweise nur am Rande widmet, da sie für den lebenden Praktizierenden wenig relevant ist und allzu schnell in spekulative Gefilde führt.
Da Karlsson einige Erfahrung auf dem Gebiet Astralreisen gemacht hat und das Buch in erster Linie der Praxis gewidmet ist, fällt der akademische Teil des Werkes nur so lang aus, wie es einer theoretischen Unterfütterung der Praxis zu Gebote steht.
So beginnt das Buch gleich mit einer ausführlichen Schilderung einer Astralreise durch Stockholm. Eine Vielzahl eigener Erfahrungen oder aber der von Freunden des Autors durchsetzen den Text immer wieder beispielhaft.
Die Reise an sich allerdings, wie Karlsson gänzlich undogmatisch klarstellt, bleibt ein höchst subjektiver Akt, der sich inhaltlich kaum generalisieren lässt. Was hingegen bis zu einem gewissen Grade allgemein verbindlich dargestellt sein kann, sind mögliche Zugänge, derartige Erfahrungen selbst zu machen, womit der anleitende Praxisteil zu seiner Ehre kommt.
Neben einigem an Bekannten findet sich eine Vielzahl an Anregungen und Hinweisen, die in anderen Büchern zum Thema überhaupt nicht erwähnt werden. Dass verschiedene Symbole als Tore zu astralen Welten dienen können, dürfte bekannt sein. Dem fügt der Autor neben dem bekannten Shri-Yantra zwei weitere hinzu, die weniger verbreitet sein dürften: Eines dieser Symbole kommt aus der Praxis des Dragon Rouge, bei einem weiteren handelt es sich um die Adulruna von Johannes Bureus, dessen Arbeit der Autor bereits ein beachtenswertes Buch gewidmet hat.
Weitere Voraussetzungen für astrales Erleben können beispielsweise der meditative Zustand sein, der Traum, die Stille, Visualisierungen, Tanz, Hypnose oder aber die Chakrazentren als mögliche Zugangswege. Dabei soll keiner Herangehensweise der Vorrang gegeben werden; hier muss jeder für sich selbst heraus finden, was am besten funktioniert. Zu diesem Zweck ist ein auf drei Monate ausgelegter Übungsplan Bestandteil des Buches. Anhand dessen kann der Leser eigene Erfahrungen sammeln. Weitere Hilfsmittel wie Räucherstoffe sind angeführt; zudem eine kurze Einführung in das, was einen da draußen erwarten kann.
Von den Möglichkeiten, die Karlsson aufzeigt, sind besonders die Ausführungen zu den XON-Zonen und zur Erforschung der Dunkelheit interessant, da derartige Anregungen in der dargebotenen Klarheit so wohl kaum anderweitig zu finden sind.
In diesem anschaulichen Buch vereinigt der Autor also kenntnisreich drei Zugangsweisen zum Phänomen Astralreise (Geschichte, Theorie, Praxis) und bietet zudem dort originäre Ansätze, wo die meisten Werke sich in Wiederholungen erschöpfen. Damit soll das Werk Praktikern unbedingt empfohlen sein.

Hauf, Monika, Kompendium der Magie und des Okkultismus, TB, 208 S., Bohmeier Verlag: Leipzig 2008, ISBN 978-3-890994-555-2, 19,95 €.


Dem Eintrag des Dudens entsprechend soll ein Kompendium den Abriss eines vorgestellten Themas bieten bzw. ein Kurzlehrbuch zu einem bestimmtes Sachverhalt sein. Bei dem im Bohmeier Verlag veröffentlichten Buch von Monika Hauf handelt es sich, das sei schon einmal vorweggenommen, um eines, dem Titel entsprechend. Wenn es da im Untertitel heißt, dass die Betrachtung von der Magie der Chaldäer ausgehend über die Grimoires und das Astrallicht Lévis bis hin zur Psychologie des 20. Jahrhunderts führt, wird der Leser nicht in die Irre geführt, sondern erhält genau das Versprochene.
Die in Nordspanien lebende Autorin hat bereits durch vorherige Publikationen auf sich aufmerksam gemacht. Ob zu den Templern, den Rosenkreuzern, Marienerscheinungen, dem Loch Ness-Monster, Judas Ischariot, dem Jakobsweg oder aber Harry Potter: Alle ihre Bücher verraten ein Interesse an Phänomenen, an denen sich die Geister scheiden. Diese Vorliebe für mystische oder magische Themen motivierte die katholische Theologin offensichtlich zu ihren schriftstellerischen Erzeugnissen, mit denen sie sich einen respektablen Ruf schaffen konnte.
In diesem Buch nun beginnt sie mit den astrologischen Grundlagen der abendländischen Magie, in deren Grundzüge sie einführt. Die historischen Entwicklungen des Altertums werden dargestellt wie auch Vorstellungen, die noch heute für Okkultisten relevant sind, so z.B. die Bedeutung und der Umgang mit Zahlen und Zahlenverhältnissen.
Ein zentrales Thema dieser Einführung ist die Astrologie. Das Thema des Einflusses der Sterne bleibt über den gesamten Band einer der roten Fäden, an denen die Geschichte des Okkultismus entrollt wird. Die Entstehung der Astrologie wird, wie die wichtigsten Entsprechungen der Sternenkräfte, kurz skizziert, bevor die Autorin mit leichter Feder amüsant und originell durch die wichtigsten Grimoires führt. Auch hier stehen die Sterne mittelbar im Vordergrund: Verschiedende Dämonologien bzw. Angelologien sollen den Zugang zu den Sternenkräften herstellen oder erleichtern. So werden die klassischen Anleitungen zur zeremoniellen Magie vorgestellt, wobei sich die Autorin auf die wichtigsten beschränkt und die Werke lediglich erwähnt, die offensichtlich von älteren Veröffentlichungen abgeschrieben sind.
In ansprechender und gebotener Kürze beschreibt die Autorin dann die Protagonisten des Okkultismus Europas oder eben diejenigen Personen, die Ideengeber dieser Strömung gewesen sind. So kann man Aristoteles oder Platon sicherlich nicht als Magier bezeichnen, jedoch kaum den Einfluss ihrer Ideen auf die Magie zurückweisen. Neben den antiken Einflüssen sind es vor allem auch jüdische in Gestalt der Kabbala, denen der abendländische Okkultismus seine Gestalt verdankt. Die Renaissance wird von Hauf als die Epoche herausgestellt, in der das Interesse an dieser Thematik aufs Neue erwachte, wie sie anhand kurzer Biographien von Pico della Mirandola, Johannes Trithemius und anderer anschaulich illustriert.
Eine zweite Welle des Interesses an der Magie verortet Hauf im 19. Jahrhundert, verbunden mit den Namen Eliphas Lévi und Papus. Der Theorie vom Astrallicht (Lévi) und damit einem ersten groß angelegten Versuch, Magie wissenschaftlich zu erklären, werden viele Seiten eingeräumt. Mit dem ausgehenden 19. und dem beginnenden 20. Jahrhundert erlebte der Spiritismus weite Verbreitung, der sogar ernsthaftes wissenschaftliches Interesse auslösen konnte, wie das Werk von Fanny Moser dokumentiert. Über diese Epoche führt die Autorin zu den relativ zeitnahen Entwicklungen, die mit den Schlagworten Aleister Crowley, Church of Satan, Wicca, Christian Science oder aber Israel Regardie verbunden sind.
Schlussendlich kommt Hauf mit dieser äußerst wohlwollenden Kurzgeschichte des Okkultismus auf die These, dass verschieden interpretierte Wirkprinzipien, die hinter der Magie stehen sollen (z.B. das Astrallicht Lévis), durchaus mit dem vereinbar sind, was C. G. Jung mit dem Kollektiven Unbewussten gemeint hat. Für diesen Gedankengang findet die Autorin einleuchtende Argumente, so dass ihr Kompendium in sich schlüssig erscheint.
Als Besonderheit ihres Werkes kann die Kontrastierung der Magie zu kirchlichen Lehren angesehen werden. Wie Hauf herausstellt, verurteilt die Kirche zwar magische Praktiken, bedient sich ihrer hingegen selbst, bspw. in den Sakramenten, der Transsubstantiation oder dem Exorzismus. Eine Konkurrenzsituation entsteht vor dem geistigen Auge des Lesers, die sicherlich viel mit den Magieverboten der Kirche zu tun hat. Schon der Kirchenvater Irenäus von Lyon argumentierte im 2. Jahrhundert für das Christentum, dass die Exorzismen der Kirche im Namen Jesu wirksamer wären als die der heidnischen Konkurrenz.
Alles in allem bietet Monika Hauf ein sehr gut zu lesendes und anregendes Überblickswerk über den Okkultismus, das besonders für den Einstieg in dieses nicht immer übersichtliche Thema unbedingt zu empfehlen ist. Ebenso für den Einsteiger konzipiert sind die wenigen aber wertvollen Ratschläge, die die Autorin, das Buch abschließend, für die Praxis bietet.

Aquilina, Mike/ Bailey, Christopher, Der Hl. Gral, Gütersloher Verlagshaus: Gütersloh 2007, Festband, SU, 222 S.,
ISBN 978-3-579-06432-1, 19,95 €.


Die seit einigen Jahren bestehende Veröffentlichungswut zum Thema Gral scheint so schnell kein Ende finden zu wollen. Da dieses Motiv in den Chela-Rezensionen nun auch schon einige Tradition hat, soll eine der letzten Publikationen in dieser Angelegenheit herausgegriffen und hier besprochen sein.
Das Buch „Der Heilige Gral. Ein Mythos wird entschlüsselt“ (im englischen Original: The Grail Code) von Mike Aquilina und Christopher Bailey ist eines der jüngst herausgekommenen Bücher, die Licht ins verworrene Dunkel der Gralsromantik bringen wollen. Aquilina ist Vizepräsident am St. Paul Center for Biblical Theology in Ohio und Bailey freischaffender Autor, Herausgeber und Übersetzer, dessen intensives Augenmerk der Artus-Thematik gilt.
Gleich vorangestellt soll sein, dass die Autoren keinem wie auch immer gearteten materiellen Becher hinterher jagten. Es finden sich in dem Werk kaum Bezüge zu den Tempelrittern, keine zu außerirdischen Manna-Maschinen und eine heilige Blutslinie wird nur kurz erwähnt, um sie zu disqualifizieren.
Die Geschichte des Grals, so wie die Autoren sie verstehen, ist eine gänzlich allegorische, deren Motive (spirituelle) Sehnsucht, Gnade und Kommunion mit Christus sind, wobei die Irrtümer und Stolperstricke (= Sünden) auf dem Weg nicht unerwähnt bleiben sollen. Dieser Gedanke erscheint nach den Autoren schon früh in der christlichen Geschichte und durchzieht das Ritual der Transsubstantiation; der Kelch des Abendmahls ist nach Paulus der des Heils oder der des Gerichts. Der Gral oder Kelch ist somit Symbol für das zentrale liturgische Mysterium der Messe: die Verheißung. dass die Sehnsucht nach einer Begegnung mit Gott erfüllt wird. Damit wird eigentlich jeder konsekrierte Kelch zum Gral. Auf der Kehrseite der Medaille, gemeint ist der Kelch, den Jesus seinen Vater bat, an ihm vorüber gehen zu lassen, sind die damit verbundenen Opfer in Form von Leiden zu finden, im Falle Jesu bis hin zu Kreuzigung und Tod.
Obwohl sich bereits hier die Grundthese der Autoren ausgesprochen findet, werden natürlich weiter Beispiele aus den Gralsmythen auf ähnliche Weise einer allegorischen Entschlüsselung unterzogen. So auch hier, wenn von Joseph von Arimathäa zu lesen ist, der den Gral nach Britannien schaffte und ihm in Glastonbury (gleichzeitig die letzte Ruhestätte von König Artus) eine kleine Kirche baute. Auch dieser Teil der Geschichte, dessen historischer Belang dankenswerterweise nicht diskutiert wird, figuriert als Bild: Der mittelalterliche Mensch, in dessen Zeit schließlich die Gralsliteratur entstand und erstmalig blühte, sah das christliche Abendmahl im Zentrum der rituellen Praxis des eigenen Glaubens, so dass aus Joseph auf diese Weise das Urbild des christlichen Ritters und Gralshüters wird. Auch König Artus zählt in diesen Typenkreis, wird er doch meist ebenso christlich dargestellt und seine Zeit als Goldenes Zeitalter. Später sollten die Templer am ehesten diesem Typus entsprechen.
Aber vorerst zeichnen die Autoren die europäische Geschichte bis zur Niederschrift der ersten Gralserzählungen in groben Strichen nach, bevor es dann um diese selbst geht. Die höfische Umgebung, in der Chrestien de Troyes schreibt, wird geschildert und die Entstehung seines bekannten Auftragswerks. Dabei ist den Autoren augenfällig, dass es vom damaligen Verständnis ausgehend bei Chrestien besser ein Gral denn der Gral geheißen hätte. Denn auch den Perceval kann man nach oben benanntem Muster lesen: Er stand als junger Mann kurz vor der Erkenntnis, versündigte sich, tat Buße und erhielt, schlussendlich gereift, an Ostern die Kommunion. Und im Zentrum dieser Abendmahlsfeier: der/ ein Gral. Es ist dann demnach auch späteren Autoren zu verdanken, dass der Gral dergestalt vergegenständlicht wurde, dass so einem abweichenden Streben, der Suche nach einem Becher, Tür und Tor geöffnet wurden. In dieser literarischen Tradition schien erst wieder Walter Map klar zu sehen. Seine Gralsinterpretation mit Lancelot im Zentrum ist ein allegorisches Wechselbad, in dem den Unwürdigen Fluch, den Würdigen aber Segen gebracht wird. Da die Gaben des Heiligen Grals weiterhin mit denen des Heiligen Geistes an Pfingsten verglichen werden können, ist wieder eine Allegorie enttarnt.
In diesem Muster also erläutern Aquilina und Bailey die Geschichten der Geschichte vom Gral bis in die Gegenwart hinein. Vordringlich, so die Autoren, ist unsere eigene Würdigkeit bei der Suche. Denn der Gral, eine Darstellung der Sehnsucht nach Kommunion mit Gott, wäre so nah wie die nächste Pfarrkirche.
Damit scheinen die amerikanischen Autoren einen Nerv ihres Heimatkontinents getroffen zu haben: die christliche Laienspiritualität. Nicht ohne Grund ist ihr 2006 in den USA veröffentlichtes Werk innerhalb kürzester Zeit zum Bestseller geworden. Und wer sich in der klerikal geduldeten Form christlicher Mystik und der hier zugehörigen allegorischen Deutung zu Hause fühlt, sollte das Buch unbedingt lesen; wer es hingegen etwas konspirativer und phantastischer mag, kann einen Bogen um dieses Werk machen.
Fortsetzung folgt. Sicher.