La Santa Muerte ist,
nach der Veröffentlichung von Andrew Chesnuts Devoted to Death, die zweite umfängliche Monografie zur Heiligen
Mutter Tod in englischer Sprache. Mit Sophia diGregorios Grimoire of Santa Muerte (2013) gibt es derzeit drei englischsprachige
Publikationen.
Damit dringt die derzeit am schnellsten
wachsende religiöse Kultgemeinde langsam, Leerstellen füllend, in den Buchmarkt
ein. Sehr zur Freude der interessierten Leserschaft.
Der Autor, Tomás Prower, studierte
Sozioökonomie und Lateinamerikanistik, arbeitete an der Universidad de Chile
als Übersetzter und reiste ausgiebig, bevor er nach Los Angeles zurückkehrte,
dort als Bestatter arbeitet und sich den Studien zu magischen und religiösen
Praktiken verschiedener Kulturen hingibt. Von einem Freund eingeladen besuchte
er eine Gruppe von Santa Muerte-Anhängern, nahm an deren Ritualen teil und ist
seitdem selbst Anhänger dieser Mysterienschule, wie er den religiösen Kult
durchgehend bezeichnet.
Gemäß seines Sprachgebrauchs sieht er
in einer kurzen historischen Herleitung dann auch zumindest Parallelen mit den
Eleusinischen Mysterien und den Orpheus-Anhängern in der Antike. Die
Beschäftigung mit dem Tod und der ewigen Frage des danach zieht sich durch die
Zeiten und findet in der Verehrung von Santa Muerte heutigentags ihren
Ausdruck.
Und obwohl Prower den Kult um Santa
Muerte, neben anderen Vergleichbarkeiten, primär auf die aztekische Religion
und den frühneuzeitlich geprägten Katholizismus der Spanier zurückführt, betont
er, dass es in der Mysterienschule keine Rolle spiele, welchen religiösen
Hintergrund der Praktizierende habe.
Genauso gleichgültig wie der religiöse
Hintergrund ihrer Anhänger scheint der Heiligen Mutter Tod auch der soziale
Background zu sein: Gerade diese Indifferenz („Ob arm ob reich, im Tode
gleich.“) lässt den Kult überaus attraktiv erscheinen. Ihre prinzipielle
Neutralität macht es nicht ungewöhnlich, dass Diebe sie anrufen, um eine
ertragreiche Nacht zu haben oder aber dass Drogenschmuggler zu ihr beten, um
ihre Sendungen spirituell zu versichern. Begann die Verehrung eher als Kult
kleiner und häufig auch sozial randständiger Leute, der von der Mittel- und
Oberschicht Mittelamerikas abgelehnt wurde, veränderte sich dieses Bild im
Laufe der letzten Jahre: La Santa Muerte erarbeitete sich Breitenwirksamkeit.
Nach einem einführenden kurzen Teil zur
Geschichte und Mythologie der knöchernen Dame führt Prower in den zweiten Teil,
der sich über die magischen Korrespondenzen des Todes auslässt. Neben einer
kurzen Betrachtung verschiedener Gottheiten des Todes fokussiert Prower dem
Thema seines Werkes entsprechend auf Kleidung, Accessoires, Farben, Kerzen,
Räucherstoffe und Halbedelsteine, die in der Verehrung Santa Muertes zur
Anwendung kommen. Er gipfelt hier in einer Anleitung zum Einrichten eines
häuslichen Altars, der richtigen Darbringung von Opfergaben und der meditativen
Kontaktaufnahme zur Mutter Tod.
Der dritte Teil des Buches dann hat
starken Rezeptsammlungscharakter: Er ist darauf ausgelegt, aus der Praxis für
die Praxis zu funktionieren und illustriert die konkrete Zauberei der Mysterienanhänger.
Zuerst angesprochen steht natürlich die entsprechend anzustrebende mentale
Ausrichtung neben kurzen ethischen Betrachtungen. Es folgen, abgearbeitet an
der Verknüpfung der Farbe der Robe der Santa Muerte mit einem entsprechenden
Aufgabenbereich, die Praxisanleitungen: Geldzauber (gold), Liebeszauber und
Sexualmagie (rot), Heilungszauber (regenbogenfarben oder weiß; in anderen
Werken blau bzw. lila), Schutzzauber (schwarz oder weiß) und Zauber zu
Rechtsfragen (grün). Verfluchungen, die mithilfe von Santa Muerte möglich und
gängige Praxis sind, lässt Powers dabei bewusst aus, ethische Argumente
anführend.
Klar, dass in diesem Werk keine wissenschaftliche Distanz zum
Forschungsobjekt (hier: -subjekt) zu erwarten ist, wie es Chesnut versucht hat.
Alles in allem ist das Buch ein sehr passabler Überblick zur rituellen Kommunikationspraxis
mit der Heiligen Mutter Tod und bietet neben den nötigen Hintergründen eine
ausreichend ausgearbeitete Anleitung zum Einstig in dieselbe. Und man lehnt
sich wahrscheinlich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn man behauptet, dass es
in den nächsten Jahren wohl noch ein Vielzahl von Veröffentlichungen zu Santa
Muerte geben wird, denen mit Freude und Spannung entgegen gesehen werden kann.