Der schmale Band von Sophia diGregorio, Grimoire of Santa Muerte, ist die dritte
Publikation zur knöchernen Dame bei chela-rezensionen. Nicht nur vom Umfang,
auch inhaltlich der schmalste Band, liefert diese Sammlung ritueller Praktiken
nicht sonderlich viel Neues verglichen mit Prowers La Santa Muerte (2015) oder Chesnuts Devoted to Death (2011).
Sophia diGregorio, sich selbst als langjährige
Okkultistin bezeichnend, will mit der Zauberei Mexikos bereits in den 1980er
Jahren in Kontakt gekommen sein und schrieb dieses Buch als erstes einer noch
weiterzuführenden Serie zu Santa Muerte. Vor dieser Monographie trat diGregorio
mit Büchern zum Wicca, zum traditionellen Hexentum, mit Anleitungen zum
Selbstverfassen von Zaubersprüchen oder aber mit Vampirgeschichten in
Erscheinung. Bereits diese Melange publizistischer Elaborate könnte auf eher
seichte Gewässer geistiger Durchdrungenheit hindeuten, was sich dann, am
Beispiel ihres Werks zu Santa Muerte, leider bewahrheitet.
Ihrer geistig-spirituellen Herkunft am Thema Santa
Muerte Kontur gebend, soll eine fehlerhafte historische Darstellung in erster
Linie einen Nachweis erbringen: In Santa Muerte ist eine Synthese
südwesteuropäischer und mexikanischer paganer Gottheiten zu sehen. In ihrer
Herkunft wiederum ist sie nur eine von vielen heidnischen Gottheiten, die mit
dem Tod und der Unterwelt assoziiert sind und steht in einer Reihe mit Hades,
Thanatos, Mors, Pluto, Keres, Ah Puch, Mictecacihuatl etc. In einem fast
gnadenlos zu nennenden Akt von Gleichmacherei schafft es die Autorin, in einer
an sich schon knappen historischen Kontextualisierung, Santa Muerte von fast
jeder Kontur zu befreien. Die zentrale Bedeutung des Katholizismus für ihre
Verehrung kann allenfalls als Randnotiz aus dem Text herausgelesen werden,
womit sich das Werk schon früh disqualifiziert. Zudem werden christliche Riten
und Symbole konsequent auf heidnische, vorchristliche Bräuche zurückgeführt: in
diesem Kontext, von der vorgenannten Agenda der Autorin diktiert, oszillierend
zwischen Irrtum und Irrelevanz.
Die jüngere Vergangenheit der Santa
Muerte-Anhängerschaft wird, politische Verwerfungen berücksichtigend,
vergleichsweise kurz abgehandelt. Auch dabei sucht die Autorin permanent den
Anschluss an okkulte und pagane Praktiken (Wicca), bevor sie zu einem Glossar
überleitet, das Begriffe wie „heilig“, „Vater unser“, „Rosenkranz“ oder aber
„Tetragrammaton“ verzeichnet. Bevor es
dann mit der Ikonographie der Santa Muerte fortgeht, steht noch, kaum erkennbar
im Kontext, eine Anleitung zum Ritual des Kabbalistischen Kreuzes. Dieser Mix
ist wild, innerhalb des dargebotenen Textes von diGregorio aber folgerichtig. Die
hinlänglich bekannten Bezüge der Aufgabenbereiche der Heiligen Mutter Tod und
der jeweiligen Farbe ihrer Roben weitet die Autorin aus und kommt auf ganze 14
Entsprechungen.
Wenn der Leser bis hierhin durchgehalten hat, findet
er ein neuntägiges Ritual zur Einrichtung eines Altars, ein
Selbsthingaberitual, reinigende Bäder, Anleitungen zur Herstellung von Talismanen
und dann 55 Seiten voller selbstverfasster Zaubersprüche und Gebete an die
knöcherne Heilige, unterschiedliche Anliegen bedienend. Zu lesen sind bspw.
Bitten um Heilung, um Geschäftserfolg, um Erfolg in rechtlichen Streitigkeiten,
exorzistische Rituale, Gegenzauber und vieles mehr. Selbstredend erscheint
Santa Muerte auch in diesen Ritualtexten als Unterweltgöttin paganer Prägung
mit sehr blasser christlicher Färbung.
Was dem Werk vielleicht noch zugute gehalten werden kann,
ist, dass sich aus der Vielzahl der angeführten Gebete zu unterschiedlichen
Anliegen die ein oder andere Inspiration herauslesen lässt, die bei der Ausgestaltung
der eigenen Devotionspraxis hilfreich sein kann. Insgesamt handelt es sich
jedoch um ein verzichtbares Buch, das allenfalls aus Befriedigung eines
sammlerischen Vervollständigkeitswahns zu empfehlen ist.