Dienstag, 14. April 2015

Docteur Sureaux, Blood in the Bayou. A Record of the Operations and Blessed Techniques of a Doctor of Conjure-Work, Pendraig Publishing: Los Angeles 2015, Paperback, 112 S., ISBN 978-1-936922-78-9, 12,90 $.

 
Wer sich für die heute noch lebendigen Traditionen der nordamerikanischen Volkszauberei interessiert, sollte bei diesem Titel aufmerken: Blood in the Bayou von Docteur Sureaux. Jenseits einer historischen Darstellung ist dieser schmale Band, über dessen Autor beim besten Willen zum Zeitpunkt des Verfassens dieser Rezension nichts herauszufinden war, eine Fundgrube praktischer, ganz subjektiver Erfahrung in inspirierenden Worten.
Lebendiges Hoodoo aus den sumpfigen Landschaften des südlichen Louisiana findet sich auf den Seiten gebannt, ohne theoretischen Ballast, aus erster Hand, in vierzigjähriger Praxis gesammelt und erprobt.
Das schmale Büchlein vermittelt die Grundprinzipien des Verkehrs mit den Geistern, wie diese erreichbar und ein resprektvolles gegenseitiges Verhältnis aufgebaut werden kann. Mit der Warnung vor allfälligen Verwechselungen in neuerer Esoterik, die zwar vom Geistermodell spricht, es dann aber mit Jungianischen Theorien eines kollektiven Unbewussten gleichsetzt, wird klargestellt, dass es sich im Hoodoo nicht um ein Jung-Seminar an der Uni handelt, sondern um die Erfahrungen mit dem Unsichtbaren.
Dann geht es ans Eingemachte: Technisch vollzieht sich der Kontakt ähnlich wie in schamanischen Kulturen im Allgemeinen. Der Zauberer (conjure-worker) ist mit einem Teil seiner Aufmerksamkeit ständig bei den Geistern, sucht nach Zeichen und Hinweisen für die Verbindung zwischen den Welten (der sichtbaren und der unsichtbaren) und richtet sich so für seine alltägliche Arbeit aus. Rituellen Kontakt erlangt er dann durch Opfergaben und tranceinduzierende Klänge, wie Rasseln und/ oder Trommeln, wobei er sich von Körper löst und auf Reisen geht. Der Docteur benutzt hier für seinen Teil die Schlangenform und windet sich aus dem Körper nach unten, sinkt in die Welt unter der Welt.
Voraussetzung für diese Art der Zauberei ist Begeisterung im Sinne des Wortes, eine Flexibilität des wahrnehmenden Geistes, was heißt, dass Unsicherheiten nicht nur ausgehalten sondern im besten Falle willkommen geheißen werden können und zuvorderst: Respekt. Respekt vor allem Leben, sichbar und unsichtbar.
Ist das Wirken mit den Geistern ein großes Gebiet des Hoodoo, ist die damit verwandte Kräuterkunde ein zweites, auf das der Autor in diesem Band eingeht. Einige wenige Pflanzen werden vorgestellt, aber weit wichtiger: kurze und prägnante Schilderungen, wie die Pflanzen zu behandeln sind, wie sie haltbar gemacht werden und wozu sie dann eingesetzt werden können. Es finden sich Rezepte für Tinkturen, Anleitungen, wie Öle und alkoholische Auszüge hergestellt werden und vieles mehr. Neben den Pflanzen lernt der Leser auch andere, eher abseitige Materialien kennen: Friedhofserde beispielsweise, und wie, wann und wozu man sie entnimmt und verwendet oder aber rostige Nägel, die je nach ihrem Fundort ganz unterschiedliche Verwendung finden. Auf die Herstellung der bekannten mojo-Säckchen, die am Körper getragen werden und dem Träger mittels dienstbarer Geister helfen sollen geht der Autor ebenso ein wie auf verschiedene Formen des Kerzenzaubers. Die Fülle des hier gesammelten Materials ist in Anbetracht des Umfangs der Schrift ganz erstaunlich.
Alles in allem bietet dieses schmale Bändchen von Docteur Sureaux einen äußerst spannenden und erstaunlich funtionierenden Zugang zur Hoodoo-Praxis des Südens von Louisiana, inspiriert und inspirierend.