Wer sich für die heute noch lebendigen Traditionen
der nordamerikanischen Volkszauberei interessiert, sollte bei diesem Titel
aufmerken: Blood in the Bayou von
Docteur Sureaux. Jenseits einer historischen Darstellung ist dieser schmale
Band, über dessen Autor beim besten Willen zum Zeitpunkt des Verfassens dieser
Rezension nichts herauszufinden war, eine Fundgrube praktischer, ganz
subjektiver Erfahrung in inspirierenden Worten.
Lebendiges Hoodoo aus den sumpfigen Landschaften des
südlichen Louisiana findet sich auf den Seiten gebannt, ohne theoretischen
Ballast, aus erster Hand, in vierzigjähriger Praxis gesammelt und erprobt.
Das schmale Büchlein vermittelt die Grundprinzipien
des Verkehrs mit den Geistern, wie diese erreichbar und ein resprektvolles
gegenseitiges Verhältnis aufgebaut werden kann. Mit der Warnung vor allfälligen
Verwechselungen in neuerer Esoterik, die zwar vom Geistermodell spricht, es dann
aber mit Jungianischen Theorien eines kollektiven Unbewussten gleichsetzt, wird
klargestellt, dass es sich im Hoodoo nicht um ein Jung-Seminar an der Uni
handelt, sondern um die Erfahrungen mit dem Unsichtbaren.
Dann geht es ans Eingemachte: Technisch vollzieht
sich der Kontakt ähnlich wie in schamanischen Kulturen im Allgemeinen. Der
Zauberer (conjure-worker) ist mit einem Teil seiner Aufmerksamkeit ständig bei
den Geistern, sucht nach Zeichen und Hinweisen für die Verbindung zwischen den
Welten (der sichtbaren und der unsichtbaren) und richtet sich so für seine
alltägliche Arbeit aus. Rituellen Kontakt erlangt er dann durch Opfergaben und
tranceinduzierende Klänge, wie Rasseln und/ oder Trommeln, wobei er sich von
Körper löst und auf Reisen geht. Der Docteur benutzt hier für seinen Teil die
Schlangenform und windet sich aus dem Körper nach unten, sinkt in die Welt
unter der Welt.
Voraussetzung für diese Art der Zauberei ist
Begeisterung im Sinne des Wortes, eine Flexibilität des wahrnehmenden Geistes,
was heißt, dass Unsicherheiten nicht nur ausgehalten sondern im besten Falle
willkommen geheißen werden können und zuvorderst: Respekt. Respekt vor allem
Leben, sichbar und unsichtbar.
Ist das Wirken mit den Geistern ein großes Gebiet
des Hoodoo, ist die damit verwandte Kräuterkunde ein zweites, auf das der Autor
in diesem Band eingeht. Einige wenige Pflanzen werden vorgestellt, aber weit
wichtiger: kurze und prägnante Schilderungen, wie die Pflanzen zu behandeln
sind, wie sie haltbar gemacht werden und wozu sie dann eingesetzt werden
können. Es finden sich Rezepte für Tinkturen, Anleitungen, wie Öle und
alkoholische Auszüge hergestellt werden und vieles mehr. Neben den Pflanzen
lernt der Leser auch andere, eher abseitige Materialien kennen: Friedhofserde
beispielsweise, und wie, wann und wozu man sie entnimmt und verwendet oder aber
rostige Nägel, die je nach ihrem Fundort ganz unterschiedliche Verwendung
finden. Auf die Herstellung der bekannten mojo-Säckchen,
die am Körper getragen werden und dem Träger mittels dienstbarer Geister helfen
sollen geht der Autor ebenso ein wie auf verschiedene Formen des Kerzenzaubers.
Die Fülle des hier gesammelten Materials ist in Anbetracht des Umfangs der
Schrift ganz erstaunlich.
Alles in allem bietet dieses schmale Bändchen von
Docteur Sureaux einen äußerst spannenden und erstaunlich funtionierenden Zugang
zur Hoodoo-Praxis des Südens von Louisiana, inspiriert und inspirierend.