Howard
Phillips Lovecraft (1890-1937) war der Verfasser fantastischer Literatur und
schuf mit einem Großteil seiner (Kurz)Geschichten, wahrscheinlich unfreiwillig,
einen Mythos. Dieser fand bereits zu seinen Lebzeiten Anhänger und Autoren, die
diesen Mythos forschrieben, so Clark Ashton Smith und August Derleth.
Die
Rede ist vom Cthulhu-Mythos, in dem Kulte geschildert werden, die uralten
gottgleichen Wesen gewidmet sind, die vor aller Zeit von den Sternen kamen, die
Erde beherrschten und nun unter der Erde oder unter tiefsten Gewässern träumen/
schlafen und auf ihr Wiederkehr warten. Einer davon ist Cthulhu, weitere
prominente Namen der Großen Alten bzw. der Äußeren Götter sind Shub-Niggurath,
Hastur, Azathoth, Nyarlathotep oder Yog Sothoth. Bestandteil der Lovecraftschen
Mythologie ist darüber hinaus ein „verfluchtes“ Buch, das Necronomicon (oder Kitab
Al Azif), in dem geschildert wird, wie diese „abscheulichen“ Wesen gerufen und
verehrt werden und wie der Weg für ihre Wiederkehr bereitet werden kann.
Dieses
Necronmicon ist und bleibt eine literarische Fiktion, die Lovecraft in seinen
Erzählungen einem Araber namens Abdul Alhazred zuschreibt. Nichtsdestotrotz
sind seit Lovecraft schrieb, Bücher unter diesem Titel erschienen, die von sich
behaupten, genau dieses Werk zu sein. Am bekanntesten ist sicherlich das Werk
Simons, das allerdings auf der Basis eines modifizierten sumerischen Pantheons
aufgebaut und für Lovecraft-Fans sicherlich herb enttäuschend ist. Was soll
dann aber eine Necronomicon-Gnosis sein, wenn das Necronomicon ausschließlich
als literarische Fiktion existiert?
Das
vorliegende Werk von Asenath Mason, Gründerin der polnischen Sektion des
magischen Ordens Dragon Rouge, ist das Ergebnis der praktischen Erforschung
dieses Mythos über mehrere Jahre. Eine Necornomicon-Gnosis, wie sie der Titel
ihres Buches postuliert, kann nur ein Ergebnis der Erforschung einer Traum-
oder Astralebene sein, auf die der Praktizierende unter entsprechenden
Vorzeichen seine Aufmerksamkeit ausrichtet. Eine hochindividuelle Angelegenheit
also, zur der Lovecraft und Co. Begriffe, Bilder und, in geringerem Maße, die
Struktur beisteuern. Und wenn der Praktiker mit der Bildwelt dieses Mythos
nichts anfangen kann: Gern auch die Finger davon lassen und sich nicht weiter
um die Entitäten und die mit diesen verbundenen Geschichten kümmern, so die
Empfehlung der Autorin.
Inhaltlich
geht es im Buch anhand von Ritualvorschlägen, immer zum Thema der Großen Alten,
quer durch die magischen Disziplinen und den damit verbundenen Erfahrungswelten:
Astralreisen, Hellsehen mithilfe von spiegelnden Oberflächen, Traumarbeit,
Evokation und Invokation, Sexualmagie und Gestaltwandlung. Nachdem klar
gestellt ist, dass sich das Thema über gelenkte Erfahrungen auf der Traumebene
erschließen lässt, bietet die Autorin weitere Werkzeuge, die helfend sind. Hat
der Leser vom Lovecraftschen Kosmos noch keine Ahnung, hilft Asenath Mason auch
hier: in einer entsprechenden Anzahlt von Kapiteln werden die wichtigsten
Entitäten bildhaft vorgestellt, soweit, dass ein Kontakt vorstellbar wird. Damit
einhergehend sind auch Schilderungen und Interpretationen der Orte, die mit den
Alten verbunden sind, wie der Planet Yuggoth, die versunkene Stadt R´lyeh, die
Wüste Kadath oder die Hochebene von Leng.
Sicherlich,
und darauf verweist die Autorin mehrfach, sollte bei ernsthaftem Interesse das
Werk Lovecrafts studiert werden (ebenso wie die Erzählungen von Clark Ashton
Smith oder August Derleth). Es gibt Gedanken zur richtigen Platzwahl für die
rituelle Arbeit und zur Öffnung der Tore zu den Großen Alten oder Äußeren
Göttern (resp. zur Erlangung eines Bewusstseinszustands, der dem rituellen
Begehren mit der Wahrnehmung folgt). Neben den Ritualvorschlägen wird die Welt
der Alten wird mit den Qliphot verbunden, häufig auf Kennth Grant verwiesen und
der Anschluss zur sumerischen Mythologie gesucht.
Ganz
praktisch kann der Leser auf Invokationen von Cthulhu, Azathoth und Dagon
zurück greifen, auf ein Ritual zum Zerreißen des Schleiers, eine rituelle
Suggestion zum Astralsabbat, eine Anleitung zum Besuch des schwarzen Planeten
Yuggoth, Ideen für nekromantische Rituale, Vorschläge für ein Gruppenritual und
vieles mehr.
Das
Buch von Asenath Mason ist eine gut gemachte Einladung, den Chtulhu-Mythos in
seiner ganzen Komplexität kennen zu lernen, praktisch magisch zu erforschen und
diesen, zumindest dann im eigenen Erleben, weiter zu schreiben.