Freitag, 17. April 2015

Mason, Asenath, Necronomicon Gnosis. Eine praktische Einführung, Edition Roter Drache: Rudolstadt 2007, Festband, 208 S., ISBN 978-3-939459-08-8, 20,00 €.

 
Howard Phillips Lovecraft (1890-1937) war der Verfasser fantastischer Literatur und schuf mit einem Großteil seiner (Kurz)Geschichten, wahrscheinlich unfreiwillig, einen Mythos. Dieser fand bereits zu seinen Lebzeiten Anhänger und Autoren, die diesen Mythos forschrieben, so Clark Ashton Smith und August Derleth.
Die Rede ist vom Cthulhu-Mythos, in dem Kulte geschildert werden, die uralten gottgleichen Wesen gewidmet sind, die vor aller Zeit von den Sternen kamen, die Erde beherrschten und nun unter der Erde oder unter tiefsten Gewässern träumen/ schlafen und auf ihr Wiederkehr warten. Einer davon ist Cthulhu, weitere prominente Namen der Großen Alten bzw. der Äußeren Götter sind Shub-Niggurath, Hastur, Azathoth, Nyarlathotep oder Yog Sothoth. Bestandteil der Lovecraftschen Mythologie ist darüber hinaus ein „verfluchtes“ Buch, das Necronomicon (oder Kitab Al Azif), in dem geschildert wird, wie diese „abscheulichen“ Wesen gerufen und verehrt werden und wie der Weg für ihre Wiederkehr bereitet werden kann.
Dieses Necronmicon ist und bleibt eine literarische Fiktion, die Lovecraft in seinen Erzählungen einem Araber namens Abdul Alhazred zuschreibt. Nichtsdestotrotz sind seit Lovecraft schrieb, Bücher unter diesem Titel erschienen, die von sich behaupten, genau dieses Werk zu sein. Am bekanntesten ist sicherlich das Werk Simons, das allerdings auf der Basis eines modifizierten sumerischen Pantheons aufgebaut und für Lovecraft-Fans sicherlich herb enttäuschend ist. Was soll dann aber eine Necronomicon-Gnosis sein, wenn das Necronomicon ausschließlich als literarische Fiktion existiert?
Das vorliegende Werk von Asenath Mason, Gründerin der polnischen Sektion des magischen Ordens Dragon Rouge, ist das Ergebnis der praktischen Erforschung dieses Mythos über mehrere Jahre. Eine Necornomicon-Gnosis, wie sie der Titel ihres Buches postuliert, kann nur ein Ergebnis der Erforschung einer Traum- oder Astralebene sein, auf die der Praktizierende unter entsprechenden Vorzeichen seine Aufmerksamkeit ausrichtet. Eine hochindividuelle Angelegenheit also, zur der Lovecraft und Co. Begriffe, Bilder und, in geringerem Maße, die Struktur beisteuern. Und wenn der Praktiker mit der Bildwelt dieses Mythos nichts anfangen kann: Gern auch die Finger davon lassen und sich nicht weiter um die Entitäten und die mit diesen verbundenen Geschichten kümmern, so die Empfehlung der Autorin.
Inhaltlich geht es im Buch anhand von Ritualvorschlägen, immer zum Thema der Großen Alten, quer durch die magischen Disziplinen und den damit verbundenen Erfahrungswelten: Astralreisen, Hellsehen mithilfe von spiegelnden Oberflächen, Traumarbeit, Evokation und Invokation, Sexualmagie und Gestaltwandlung. Nachdem klar gestellt ist, dass sich das Thema über gelenkte Erfahrungen auf der Traumebene erschließen lässt, bietet die Autorin weitere Werkzeuge, die helfend sind. Hat der Leser vom Lovecraftschen Kosmos noch keine Ahnung, hilft Asenath Mason auch hier: in einer entsprechenden Anzahlt von Kapiteln werden die wichtigsten Entitäten bildhaft vorgestellt, soweit, dass ein Kontakt vorstellbar wird. Damit einhergehend sind auch Schilderungen und Interpretationen der Orte, die mit den Alten verbunden sind, wie der Planet Yuggoth, die versunkene Stadt R´lyeh, die Wüste Kadath oder die Hochebene von Leng.
Sicherlich, und darauf verweist die Autorin mehrfach, sollte bei ernsthaftem Interesse das Werk Lovecrafts studiert werden (ebenso wie die Erzählungen von Clark Ashton Smith oder August Derleth). Es gibt Gedanken zur richtigen Platzwahl für die rituelle Arbeit und zur Öffnung der Tore zu den Großen Alten oder Äußeren Göttern (resp. zur Erlangung eines Bewusstseinszustands, der dem rituellen Begehren mit der Wahrnehmung folgt). Neben den Ritualvorschlägen wird die Welt der Alten wird mit den Qliphot verbunden, häufig auf Kennth Grant verwiesen und der Anschluss zur sumerischen Mythologie gesucht.
Ganz praktisch kann der Leser auf Invokationen von Cthulhu, Azathoth und Dagon zurück greifen, auf ein Ritual zum Zerreißen des Schleiers, eine rituelle Suggestion zum Astralsabbat, eine Anleitung zum Besuch des schwarzen Planeten Yuggoth, Ideen für nekromantische Rituale, Vorschläge für ein Gruppenritual und vieles mehr.
Das Buch von Asenath Mason ist eine gut gemachte Einladung, den Chtulhu-Mythos in seiner ganzen Komplexität kennen zu lernen, praktisch magisch zu erforschen und diesen, zumindest dann im eigenen Erleben, weiter zu schreiben.