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Samstag, 5. Januar 2013

Suhr, Dierk/ Seifert, Sabine, Kleine Geschichte der Magie, Thorbecke Verlag: Ostfildern 2009, Festband, 160 S., ISBN 978-3-7995-0816-2,
19,90 €.


Einführungs- und Überblicksbücher gibt es in fast jedes denkbare Thema, so auch in die Magie. Sie werden alle paar Jahre neu geschrieben, immer zu Zeiten im Voraus kalkulierter Nachfrage oder auf medialen Erfolgswellen schwimmend und sind selten Bestseller sondern eher wirtschaftlich ausgewogene Elaborate, die relativ verlässlich ihre Kosten einspielen. So auch das vorliegende Buch, dass sich an interessierte Laien richtet und den Anspruch erhebt, die Geschichte der Magie in Kurzform dazustellen.
Der Autor, Herr Suhr, ist Geschäftsfüher von Klett MINT, einer Firma, die sich an Unternehmen und junge Menschen richtet, um dem Fachkräftemangel in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik entgegenzuwirken. Frau Suhr ist Biologin, die sich als freie Autorin und Lektorin verdingt. Beim Thema Magie haben sich beide wohl gefunden; zumindest Herr Suhr hat schon Verwandtes publiziert (Die Alchemisten, 2006 oder eine Kleine Geschichte der Ketzerei, 2008). Diese Art von Kurzüberblick in Anlehnung an Edutainment-Formate scheint ihm also zu liegen.
Und so liest es sich dann auch: Zu jeder Frage, bspw. was Magie ist oder wie man Magier wird, sind die unterschiedlichsten Antworten aus den verschiedensten Quellen zusammen getragen worden, ein bunter Mix von den Gebrüdern Grimm über C. G. Jung und Hans Biedermann bis hin zu Harry Potter. Ethnologische Studien werden ausgeweidet, die Geschichte der phantastischen Literatur und natürlich die originär magischen Schriften selbst, wenngleich diese doch recht sparsam.
Die Frage nach weißer und schwarzer, hoher und niederer Magie wird angerissen, die Alchemie gestreift, der Schamanismus etwas mehr als erwähnt, Theosophie und Anthroposophie kommen vor, genauso wie Animismus und Divination. Kabbala, Runen und Gnostiker sind verzeichnet, Hermetik, Astrologie und Spiritismus und Crowley darf selbstverständlich auch nicht fehlen. Der Leser erfährt dass es die Vorstellung magischer Heilung gibt, Menschen an Zauberpflanzen glaub(t)en, an Homöopathika, an Amulette und vieles mehr, was rein rational gelinde gesagt fragwürdig ist. Es geht um Kristalle und Edelsteine, informiertes Wasser, Hypnose und NLP, die antike Säftelehre und Spagyrik. Das Dropping von magischen Disziplinen, Teilbereichen und Vorstellungen könnte noch eine Weile anhalten, analog zum vorliegenden Band.
Vom anfänglichen Versuch, Kräfte zu beherrschen und für sich einzuspannen, die der Mensch außerhalb von sich dachte bis hin zur Verlagerung dieser in den innerpsychischen Raum und die Verbindung von Zauberei mit spirituellen/metaphysischen Zielsetzungen reisen die Autoren durch die (Ideen)Geschichte der Magie.
Das Ganze ist mit ansprechendem Bildmaterial visuell aufbereitet und schon ist er fertig, der leicht verdauliche, intellektuell unaufgeregte und unterhaltsam plätschernde Cocktail zum Thema.
Wer sich für die Kultur von Magie und Okkultismus interessiert, einen kurzen Überblick will, wer also eine kurz gehaltene und einigermaßen kluge Oberflächenbeschreibung zu diesem Gebiet sucht, ist mit diesem schmalen Buch gut bedient.

Mittwoch, 8. September 2010

Suhr, Dierk, Die Alchemisten. Goldmacher, Heiler, Philosophen, Ostfildern: Thorbecke Verlag 2006, Festband, SU, 176 S., ISBN 3-7995-0163-0,
22,90 €


In der vorliegenden Betrachtung der Alchemie wird ein weiter Bogen von der Steinzeit-Chemie und der Metallurgie der Bronzezeit bis hin zu den heute noch existierenden Schulen der Spagyrik gespannt. Viele der Vorstellungen und Vorgehensweisen, die mit der Alchemie in Verbindung stehen, werden dabei referiert und können so ein kompaktes Gesamtbild ergeben, bei dem jedoch einige Aspekte etwas kurz ausfallen.
Als Biologe und Lehrbeauftragter an der Universität Stuttgart nämlich geht der Autor das Thema in erster Linie aus der Perspektive eines heutigen Naturwissenschaftlers an. Diese Form der Annäherung zieht ganz natürlich Auslassungen nach sich, so dass der Alchemist, den Mystiker, den Philosophen und den frühen Naturwissenschaftler in sich vereinend, wenn man so will, letzten Endes besonders für seine Leistungen im letztgenannten Bereich überaus gewürdigt dasteht. So liest sich das Werk von Dierk Suhr an vielen Stellen als Apologie der Alchemie, bemüht, die chemisch relevanten Forschungsergebnisse herauszustellen. Und da gib es ja einige, wie die Entdeckung des Sauerstoffs, des Alkohols oder aber die des Porzellans und die des Schießpulvers in Europa.
Dabei führt der Weg zu frühesten Vorstellungen von der Beschaffenheit der Welt und der Menschen, wie beispielsweise der in der Antike entwickelten Vier-Elemente-Lehre oder zur Humoralpathologie der Hippokratiker. Die daran anschließenden Arbeiten, in denen sich die Heilkunde mit alchemistischer Experimentierfreudigkeit vereinte, ist einer der Hauptstränge, die Suhr herausgearbeitet hat. Die Formulierung und später die Suche nach einer Quintessenz, einem fünften Element, ist ebenso eines der zentralen Motive alchemistischen Strebens wie des Buches. Andere wichtige Gedanken, wie sie auf der Tabula Smaragdina des Hermes Trismegistos niedergeschrieben sind, kabbalistische Einflüsse, die Signaturenlehre oder die Theorie von Suphur, Mercurius und Sal sind kenntnisreich und historisch eingeordnet dargestellt.
Weiteres Augenmerk liegt auf der Alchemie als Kunst des Goldmachens und auf dem Bestreben vieler Alchemisten, den Stein der Weisen resp. das Elixier des Lebens herzustellen. Diese Bemühungen stehen eher als Scharlatanerie im artifiziellen Leseraum und schnell begibt sich der Autor in medizinische Deutungsdimensionen, wie die Suche nach einem Allheilmittel (Panacea) eines Paracelsus.
Die mystische Beschäftigung mit alchemistischer Symbolik und Verfahren, eine innere Alchemie (wie das chinesische Neidan), wird in Suhrs Betrachtung zwar genannt, aber kaum weiter ausgeführt. Es bleibt also in weiten Teilen der Eindruck einer kenntnisreichen Beschreibung der Alchemie als embryonaler Chemie, obwohl mit der Anführung einiger philosophisch-mystischer Schriften auch eine völlig andere Geschichte möglich gewesen wäre.
Den größten Platz dieser Schrift nimmt ein Mittelteil ein, in welchem zahlreiche bekannte und weniger bekannte Alchemisten bis hin zu Alexander von Bernus mit ihren Lebensläufen und Schaffensdaten skizziert sind. Zudem zeichnet sich das Buch dadurch aus, dass der Autor es immer wieder unternimmt, spezifisch alchemistische Begriffe und Verfahrensweisen zu erklären, so dass auch dem Leser ohne Vorwissen ein leichter Einstieg in die Materie gelingen kann.
In erster Linie schrieb der Autor somit eine kenntnisreiche und zudem ausgesucht bebilderte Historie der Alchemie, abzielend auf die heute noch chemisch relevanten Erkenntnisse der damaligen Forscher. Dass dabei manche der spannenden „Abberationen“ sehr kurz abgehandelt sind, wird durch die vorgenannten Vorzüge aufgewogen.