Sonntag, 30. Dezember 2012

Stejnar, Emil, Das Schutzengelbuch, Ibera: Wien 2007, Festband, 264 S., ISBN 978-3-85052-251-9, 25,00 €.


Ausgewählt aus der Reihe Magie und Mystik im 3. Jahrtausend des Freimaurers und Astrologen Emil Stejnar soll hier als erstes Werk Das Schutzengelbuch. Wie erlangt man Kontakt mit den höheren Wesen besprochen sein. Mit dieser Reihe, die der Wiener ibera Verlag herausgibt, wird das Lebenswerk des Okkultisten Stejnar einem breiten Publikum bekannt gemacht.
Der als Nachfolger von Franz Bardon geltende Wiener Autor und vormalige Juwelier entwickelte ein ebenso einfaches wie wirkungsvolles System der Kontaktaufnahme mit feinstofflichen Wesen (vulgo: Engel) aus dem Werk seines Vorgängers und jahrzehntelanger okkulter Forschung.
Seit frühester Jugend zu Magie und Mystik hingezogen, postuliert Stejnar die Erneuerung des Bundes zwischen Menschen und Engeln: Nun kann jeder Mensch, bestimmte Voraussetzungen erfüllend, die Hilfe der Engel für sich in Anspruch nehmen.
Drei verschiedene Wege können innerhalb des neuen Bundes gegangen werden: anfänglich ist es der Weg des Pilgers, dann der des Priesters und später der des Meisters, will man die mit der jeweiligen Gangart verbundenen Verpflichtungen auf sich nehmen. Das beginnt mit der Kontrolle und Hygiene von Gedanken und Gefühlen, geht über Andacht, Opfer, Glaube und Gebet hin zu Ritualen, Exerzitien und der Verantwortung, anderen Menschen Licht in deren Leben zu sein. Handwerklich steht das Anfertigen und ggf. Strahlendmachen von Amuletten im Zentrum der Praxis.
Die Engel, um die es in diesem Werk geht und die mit demselben Dienst am Guten tätig sind, wie der, der sich auf den beschriebenen Weg macht, sind die 360 Vorsteher der Erdgürtelzone, die in Bardons Die Praxis der magischen Evokation bereits beschrieben sind. Von diesen 360 Genien sind es wiederum einige, die dem Menschen besonders nahe stehen, für diesen also besonders leicht zu erreichen sind. Diese Auswahl führt Stejnar in seinem Schutzengelbuch auf.
Die Siegel von Stejnar und Bardon unterscheiden sich teilweise ebenso wie die Namen der Engel, die letzterem angeblich verschlüsselt gegeben wurden. Einen Schlüssel liefert Stejnar mit.
Neben der immer im Vordergrund stehenden Selbsthilfe ist es die Hilfe der Engel, die mithilfe ihrer Siegel, als Amulett getragen, erreicht werden kann. Diese wirken dann unterstützend, allerdings nur im Rahmen der Göttlichen Vorsehung, die in Stejnars System eine wichtige Rolle einnimmt. Bezieht sich der Wunsch, der mithilfe von Engeln realisiert werden soll, also auf etwas, dass nur kurzfristig gut, mittel- oder langfristig aber schädlich für den Wünschenden ist, darf man sich nicht wundern, wenn gar nichts passiert. Auf der anderen Seite ist die jenseitige Hilfe neben durchschlagenden Erfolgsgeschichten nicht immer gleich offensichtlich: Wichtig ist für den Praktizierenden, so empfiehlt der Autor, sich für subtile Strömungen und ungewöhnliche Wege offen zu halten und bereit zu sein, altgeliebte Muster abzulegen.
Der Weg ist für jeden gangbar und befindet sich mit keiner der bestehenden Religionen im Widerspruch; der zumindest passive Kontakt zu den Genien ist ohne jede Vorbildung durch das Tragen eines Amuletts möglich (ganz anders Bardon...). Auch anders als Bardon, der die Evokation bevorzugte, gehen Stejnars Anleitungen den Weg der Invokation. Andacht und Gebet sind bevorzugte Werkzeuge, um auf dem Weg von Eingebung und Inspiration Hilfe zu empfangen.
Umstände und Gegebensheiten des Lebens werden im Buch kapitelweise abgearbeitet, bspw. Depression, Tod, Erfolg, Sex oder aber verschiedene gesundheitliche Themen: Der Interessierte kann sein Problembereich nachschlagen und findet den Engel, an den er sich wenden kann sowie die Farbe, in der das Siegel zu zeichnen ist. Der genaue Aufgabenbereich wird spezifiziert, dann folgen die Belehrungen, die Stejnar von diesem Engel empfangen hat und dann zur Illustration der Wirkungsweise der helfenden Unterstützunge jeweils eine oder einige beispielhafte Erfolgsgeschichten aus der jahrzehntelangen Praxis des Autors.
Stejnar ist sicherlich einer der interessantesten Vertreter in der Fortschreibung der abendländischen Tradition und alleinstehend in der kargen Veröffentlichungslandschaft zur praktischen Angelologie derzeit. Die Zeit wird zeigen, ob der hohe Anspruch, die gnostisch-hermetische Tradition in das dritte Jahrtausend zu führen, wie der Reihentitel verheißt, verwirklicht werden kann. Dass die Bücher zumindest ein Beitrag leisten, einen möglichen Weg zeigen können, ist gewiss.

Storl, Wolf-Dieter, Ich bin ein Teil des Waldes, Heyne Verlag: München 2008, TB, 336 S., ISBN 978-3-453-70098-7, 8,95 €.


Die Besprechungen von Storls Werken zählen zu den festen Größen auf chela-rezensionen, was der Einzigartigkeit des Autors geschuldet ist. Kein anderer im deutschen Sprachraum vermag es, so kenntnisreich und unterhaltsam aus erster Hand über das „grüne Volk“ zu berichten. Storls Bücher handeln von Pflanzen im Allgemeinen und um einen ganz besonderen Zugang im Speziellen: Storl redet mit den Pflanzen. Die Informationen, die er dabei erhält, sind mit den kulturanthropologischen Versatzstücken gleichberechtigt, die sich aus schriftlich tradiertem Wissen oder oraler Tradition zu Herkunft und Nutzen der Pflanzen gewinnen lassen. Diese Mischung macht alle seine Bücher zu etwas Besonderem.
Was nun in vielen von Storls Büchern anekdotisches Beiwerk ist, die biografischen Anteile, rückt in Ich bin ein Teil des Waldes. „Der Schamane aus dem Allgäu“ erzählt sein Leben in den Mittelpunkt. Der Leser nimmt teil an den wichtigsten Lebensstationen des Autors bis zur Seßhaftwerdung als Selbstversorger im Allgäu.
Da ist beispielsweise die Übersiedlung der Familie von Oldenburg nach Ohio, die der Autor als Kind erlebte, und bald darauf die erste prägende Bekanntschaft mit der amerikanischen Wildnis, in die es den Jungen zieht. Storl schildert stellvertretend für diese Lebensphase unter anderem seine manische Baumkletterei als kindlichen Zugang zur Pflanzenwelt, die später dazu beitrug, mit Bäumen zu kommunizieren.
Oder aber die Geschichte des jungen Wissenschaftlers, der sich Ende der 70er Jahre vom College in Oregon für die Feldforschung im Emmental beurlauben ließ. Daraus wurde dann ein längerer Aufenthalt bei den Schweizer Bergbauern und einmal mehr das praktische Studium der Grundlagen der Landwirtschaft. Hier lernte Storl auch den Bauernphilospohen Athur Hermes kennen, der mit seinem Wissen und seiner Erfahrung auf dem Gebiet der biologisch-dynamischen Landwirtschaft als einer der wichtigsten Einflüsse auf den Autor gesehen werden kann.
Bei weiteren Geschichten, ohne alles zu verraten, begleitet der Leser den Autor in den Olympic National Park, den Yellowstone National Park, nach Nepal und während seiner Zeit im indischen Varanasi, im Zusammenleben mit der anthroposophischen Dorfgemeinschaft im Rhonetal und an vielen weiteren Stationen. Sein gewundener Weg kreuzt sich mit dem von Bären, Schamanen, Sadhus und dem von Pflanzenkundigen aller Kulturen, von denen er wißbegierig lernte.
Da das für den Autor ein weiter und abwechslungsreicher Weg zu gehen war, resultiert aus dessen schlaglichtartiger Schilderung ein überaus spannendes, farbiges und inspirierendes Buch, in dem Storl neben die biographischen Anteile immer auch kurze und informative Abschnitte zu den Pflanzen stellt, die in der speziellen Lebenssituation die ihn jeweils umgebende Landschaft charkterisierten.
Insgesamt eignet sich das preiswerte Taschenbuch besonders gut als Einstieg in den äußerst erkundenswerten „Kosmos Storl“.